Flughafenexpress – wie das Verkehrsministerium beim Stadtratshearing kräftig trickste

„Trickserei“ – das ist ein schwerer Vorwurf, noch dazu wenn er einer Institution wie dem
Bayerischen Wirtschaftsministerium gilt. Dennoch bleibt der CSU-Stadtrat Georg Kronawitter bei
seiner harten Aussage. Er meint aber nicht das unveröffentlichte S-Bahn-Gutachten, über das er
nicht spekulieren will, sondern verweist auf Fakten, die jeder im Internet nachvollziehen kann.

Bekanntlich hat der Münchner Stadtrat zum Thema „2. S-Bahntunnel oder Ausbau des Südrings“ im
Frühjahr ein Expertenhearing veranstaltet. Der Vertreter des Bayerischen Wirtschaftsministerium,
Ministerialdirigent Peter Göttler, präsentierte Grafiken, die die Überlegenheit des 2. Tunnels
gegenüber dem Südring belegen sollten. Ein Wert machte Kronawitter beim Nacharbeiten stutzig: die
S1 sollte bis 2020 als Folge des 2. Tunnels im Abschnitt Laim – Moosach in den täglichen
Fahrgastzahlen auf 65.000 klettern. Falls es keinen 2. Tunnel gibt, präsentierte Göttler eine
marginale Steigerung von heute 41.500 auf 45.700 Fahrgäste. (Quelle:
www.tunnelaktion.de/S-Bahn-Streit/Expertenhearing/Goettler_2SBSS_Hearing_Stadtrat_250309_Praesentation.pdf – Folie 3 – )

Kronawitter stellte hierzu eine Stadtratsanfrage, die erst jetzt öffentlich beantwortet ist.
( www.ris-muenchen.de/RII/RII/ris_antrag_dokumente.jsp?risid=1733381 )

Der erste „Hammer“: in die Zahl von 65.000 wurde ein Flughafen Express light (FEL) mit einem
Anteil von 10.000 Fahrgästen eingerechnet – obwohl dieser gar nicht Bestandteil des S-Bahnsystems
ist und von der Stadt München wie allen anderen Anrainer-Gemeinden der Westtrasse rundweg
abgelehnt wird.

Der zweite und eigentliche Hammer ergibt sich, wenn man die Äußerungen des obersten
DB-Repräsentanten in Bayern, Klaus-Dieter Josel, beim „Talk im Tower“ am 12.10.2009 hinzunimmt.
Josel stellt eher beiläufig fest, dass der „Flughafenexpress light“ in der Haupthalle des Münchner
Hauptbahnhofs abfahren würde, um den Fernreisenden einen optimalen, ebenerdigen Übergang zu
bieten. Dort könne man auf den Fluggast auch besonders eingehen. (Quelle z.B.:
http://www.merkur-online.de/nachrichten/bayern/flughafenanbindung-fuenf-acht-ideen-engeren-wahl-mm-492745.html ).

Kronawitter: „Man hat also ein Zugangebot in die 65.000 S-Bahn-Fahrgäste pro Tag mit
hineingerechnet, das in Wirklichkeit mit der 2. Stammstrecke nichts, aber auch gar nichts zu tun
hat, da es diesen 2. Tunnel gar nicht benützt. An Schlamperei oder Zufall will ich nicht glauben.
Das ist zumindest eine ungute Schönfärberei. Ich fühle mich als Stadtrat vom
Wirtschaftsministerium hinters Licht geführt.“

Den Einwand, dass der Flughafenexpress light nach dem Bau eines 2. Tunnels diesen doch benützen
könnte, lässt Kronawitter nicht gelten: „Herr Josel und Dr. Wiesheu als DB-Präsentanten haben klar
und unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, dass der FEL die Fernreisenden in 30 Minuten vom
Hauptbahnhof zum Flughafen München bringen soll. Hierfür ist der Start in der Haupthalle aufgrund
der Gepäcksituation das einzig Wahre. Außerdem ist bereits ab Marienplatz der Weg über die
Osttrasse (S8) gleich lang, so dass auch aus diesem Grund eine östlicherer Startpunkt des FEL
keinen Sinn macht. Andersrum gesagt: die 10.000 Fahrgäste kommen sowieso von der Fernbahn, da
macht eine zusätzliche Führung durch den 2. Stammstreckentunnel das Kraut auch nicht mehr fett.“

Die Stadtratsantwort des Ministeriums enthält noch weitere „Hämmer“: so soll die Verkehrsleistung
von 65.000 Fahrgästen ohne Ausbau der S1-Infratsruktur auskommen. D.h. die „normale“ S1 nach
Freising soll im 20-Minuten-Takt statt heute 41.500 Fahrgäste 2020 55.000 Fahrgäste aufnehmen.
Ohne Verstärkerzüge wird es also noch enger werden als bisher.