Fünf Staatssekretäre im Bundesverkehrsministerium – und keiner geht hin

Inn-sider.de:

SPD kritisiert Fehlen bei heutiger hochkarätiger Hauptversammlung Magistrale für Europa in Mühldorf. GRÜNE: Versammlung „Magistrale für Europa“: Außer Spesen nichts gewesen. Parole einer Schnecke auf Marathonlauf ausgegeben: Es geht voran!

„Die Initiative ‚Magistrale für Europa‘ tagt und aus Berlin geht keiner hin! Das ist im Hinblick auf die Internationalität dieser Versammlung nicht nur peinlich, sondern wirft ein bezeichnendes Licht auf die Führung des Bundesverkehrsministeriums“, kritisiert der verkehrspolitische Sprecher der SPD-Landtagsfraktion, Dr. Paul Wengert, das Fehlen eines Vertreters aus dem Bundesverkehrsministeriums bei der heutigen Hauptversammlung dieses Zusammenschlusses von 15 Großstädten, neun Regionen und zehn Wirtschaftskammern von Paris bis Bratislava.

Wegen eines Todesfalls hatte Bundesverkehrsminister Dr. Peter Ramsauer seine Teilnahme kurzfristig absagen müssen.

„Diese hochkarätige Versammlung in Mühldorf am Eingang zum bayerischen Chemiedreieck hätte es schon verdient gehabt, aus erster Hand zu erfahren wie sich die Bundesregierung den weiteren Ausbau dieser für die Menschen und die Wirtschaft überaus bedeutenden europäischen Bahnmagistrale auf deutschem und vor allem bayerischen Boden vorstellt. Es muss doch möglich sein, dass von immerhin fünf Staatssekretären im Bundesverkehrsministerium einer den Weg zu dieser Konferenz findet. Für Spatenstiche und Verkehrsfreigaben haben sie ja sonst auch immer Zeit“, stellt Wengert fest.

Oder ducke sich Berlin weg, weil der Ausbau in Bayern viel länger dauert als anderswo? „Frankreich und Österreich sind viel weiter als wir. Österreich hat 84 Prozent seiner Aufgaben gemacht“, wie Wengert den Ausführungen des Generalsekretärs des österreichischen Verkehrsministeriums Herbert Kasser entnehmen konnte.

„In Bayern müssen wir uns schon darüber freuen, wenn wie jüngst 25 Jahre nach Aufnahme in den Bundesverkehrswegeplan ein Teilstück der Ausbaustrecke ABS 38, nämlich von Mühldorf nach Ampfing, fertiggestellt wird – gerade mal acht Kilometer“, so Wengert. Der örtliche CSU-Bundestagsabgeordnete habe die Lücke jedenfalls nicht füllen können.

Die rhetorische Forderung des bayerischen Wirtschafts- und Verkehrsministers Zeil auf der Konferenz, den Worten endlich Taten folgen zu lassen, täusche darüber hinweg, dass seine FDP in Berlin mitregiere und die von ihm in Mühldorf als „nicht zielführend“ heftig kritisierte Abführung der Bahn in Höhe von 500 Millionen Euro im Rahmen des Sparpakets mit beschlossen habe, so der SPD-Verkehrsexperte.

Auch die hochkarätigen Wirtschaftsvertreter dürften zu recht über die Berliner Abwesenheit enttäuscht gewesen sein, von denen der Vorstandsvorsitzende der Wacker Chemie-AG, Dr.Rudolf Staudigl, es auf den Punkt gebracht hat, der die Behandlung der Verkehrs-Infrastruktur in Ostbayern in den letzten 25 Jahren als „wirtschaftspolitisch verantwortungslos“ bezeichnete.

Toni Hofreiter (Grüne): Das Fazit der „Magistrale für Europa“-Versammlung kann man jetzt schon ziehen: Außer Spesen nichts gewesen.

Die Show-Veranstaltung soll darüber hinwegtäuschen, dass der Bahnausbau München-Mühldorf-Freilassing beinahe wegen Unwirtschaftlichkeit aus dem Schienenbedarfsplan des Bundes gestrichen worden wäre. Der bisherige Ausbauplan kam auf ein Nutzen-Kosten-Verhältnis (NKV) von nur 0,6! Erst mit zwei Nachbesserungen konnten die Kosten auf 1,057 Mrd. Euro gedrückt und das NKV mit 1,2 knapp über die entscheidende Schwelle von 1,0 gehievt werden. Dabei wurde der zweigleisige Ausbau von Tüßling bis Freilassing gestrichen (mit Ausnahme eines Begegnungsabschnitts Kirchweidach-Tittmoning/Wiesmühl). Ebenso wurde der viergleisige Ausbau München/Berg am Laim-Markt Schwaben gestrichen.

Auf der Versammlung werden die üblichen salbungsvollen Worte von der „europäischen Bedeutung“ und „höchster Priorität“ gesprochen werden, und die Honoratioren werden hoffen, dass keiner sich auskennt oder den Faktencheck macht. Es wird verschwiegen werden, dass die EU bei der Evaluation der transeuropäischen Netze dem deutschen Bahnausbau ein schlechtes Zeugnis ausgestellt hat.

Es wird nicht zur Sprache kommen, dass die EU – wenn überhaupt – nur niedrige Anteile von unter 20% an den Baukosten beisteuern kann. Es wird nicht erwähnt werden, dass kein Geld für München-Mühldorf-Freilassing da ist, weil die Ausbaumittel für die Schiene auf Jahre hinaus in Finanzierungsvereinbarungen für andere Projekte gebunden sind. Es wird auch nicht zur Sprache kommen, dass Minister Ramsauer entschieden hat, dass weiterhin die Gewinne der DB Netz an die Konzernmutter fließen dürfen, damit die DB ihre Abenteuer im Ausland finanzieren kann wie zuletzt den Kauf der ARRIVA für 2,8 Mrd. EUR. Es wird nicht zur Sprache kommen, dass Ramsauer den Schienenanteil aus der Lkw-Maut abgeschafft hat und das Geld dem Straßenbau zukommen lässt.

All das wird verschwiegen werden, und stattdessen die Parole einer Schnecke auf Marathonlauf ausgegeben: Es geht voran!