Ohne Olympia: München 2018 im Verkehrschaos?

Inn-sider.de: Die Olympiade im Jahr 2018 macht einen großen Bogen um Bayern und dessen Landeshauptstadt München.
Dabei wollte die Bayerische Staatsregierung das Herzstück des Bahnknotens München, den 2. Stammtunnel für die S- Bahn in München, durch Olympia- Sondergelder finanzieren.
Mit Sondergeldern der Bundesregierung in Berlin, da Olympia als nationale Aufgabe angesehen wurde. Vor der Vergabe der olympischen Spiele regte sich bereits Widerstand im Bundestag.
Das Problem: Gelder für Ausbauten im Schienennetz, die dem Nahverkehr zu Gute kommen, in diesem Fall eben dem neuen 2. S- Bahn- Tunnel, fallen demnächst weg.

In Wikipedia heißt es zu diesen sogenannten GVFG- Geldern:
,,Im Rahmen der Föderalismusreform wurden die Regelungen des GVFG modifiziert, auch wenn diese im Gesetzestext teilweise unverändert blieben. (..)
Seit dem 1. Januar 2007 erhalten die Länder als Ersatz für wegfallende GVFG-Beträge aus dem Bundeshaushalt Mittel in Höhe von jährlich 1.335,5 Millionen Euro. Ab 2014 fällt für diese Mittel die verkehrliche Zweckbindung weg, die Mittel müssen dann von den Ländern nur noch zweckgebunden für investive Zwecke jeglicher Art eingesetzt werden. Spätestens ab 2020 fallen die Bundesmittel komplett weg, es sei denn Bund und Länder einigen sich im Rahmen der ,,Revisionsklausel“ auf eine Weiterfinanzierung durch den Bund.“

Bereits in der Vergangenheit herrschte Streit, welche Ausbauten im Schienenverkehr nun Länder oder Bundessache seien, finanziell gesehen. Der Ausbau der heimischen Bahnlinie München- Mühldorf- Freilassing ist ein Projekt des Schienen- Fernverkehrs. Verbesserungen auf der Strecke zwischen Mühldorf und München hingegen, betreffen überwiegend den Nahverkehr.

Ebenso verhält es sich mit dem Ringschluss von Erding zum Flughafen München und der Walpertskirchener Spange. Um diese finanzieren zu können, wurde sie dem Geld-Topf der Bundesmittel für Fernverkehrsausbauten zugeschlagen, um bei den GVFG- Geldern mehr Spielraum für den S- Bahn- Stammtunnel zu schaffen. Zumindest wird dieses Projekt seit kurzer Zeit eigenständig in den Plänen des Bundes augeführt.

Die Grünen kritisierten dies vermehrt. Ohne den 2. Tunnel, so die Kritik, hätte man zahlreiche Maßnahmen im Umland in die Tat umsetzen können. Unter anderem den viergleisigen Ausbau der S- Bahn von Pasing nach Eichenau bzw. Buchenau.

Seit der Olympia- Pleite, dürfte in den Amtsstuben Ratlosigkeit herrschen.
Bundesverkehrsminister Ramsauer (CSU) hatte bereits vor der Vergabe der Spiele angekündigt, der 2. S- Bahn- Stammtunnel werde ohne Olympia Jahre auf sich warten lassen. Bayerns Verkehrsminister Zeil (FDP) hält weiterhin am S- Bahn- Tunnel fest.

Doch Olympia dürfte die Politik zu Zwischenlösungen zwingen.
Wird der Tunnel nicht bis zum Jahr 2020 fertig gestellt, gibt es keine Aussicht auf Besserungen im Nahverkehr um München. Jeder Notarzteinsatz auf der alten S- Bahn- Stammstrecke führt zu Verspätungen im gesamten Großraum.

Das S- Bahn- System müsste mit anderen Hilfsmaßnahmen gestützt werden. Doch für die Politik liegt darin die große Gefahr. Denn der 2. Tunnel verliert durch jede Maßnahme seine Berechtigung.

Würde der sogenannte S- Bahn- Südring für den Notfall geringfügig ertüchtigt, um hier S- Bahnen im Störungsfall im zehn Minuten- Takt verkehren lassen zu können, wäre die Zeit des unumgänglichen Nadelöhrs ,,Stammtunnel“ vorüber.
Mit einem zusätzlichen, neuen Bahnhof an der Poccistraße, für S- Bahnen und Regionalzüge, wäre der Südring plötzlich eine namhafte Alternative, zum alten Tunnel.

Mit dem Hauptbahnhof (U1 und U2), dem Heimeranplatz (U4 und U5) und der Poccistraße (U3 und U6) bestünde die Möglichkeit, außerhalb des alten S- Bahn- Tunnels zur U- Bahn umsteigen zu können.

Im derzeit regelmäßig wiederkehrenden Chaosfall, hätten die 800.000 Nutzer der S- Bahn- München plötzlich günstige Umsteigemöglichkeiten zum U- Bahn- System der Stadt.

Die Politik freilich, zieht diese Maßnahmen nicht in Erwägung. Der Druck aus der Bevölkerung, hier zeitnahe Verbesserungen in die Wege zu leiten, ist zu gering. Je länger sich der Bau des neuen S- Bahn- Tunnels verzögert, desto höher die Wahrscheinlichkeit, dass Änderungen gegen alle bisherigen Planungen erfolgen könnten.

Bis dahin, muss sich die Bevölkerung noch mit den großen Plänen und deren kaum sichtlicher Realisierung herumschlagen, wie die Pressemitteilung aus dem Bayerischen Verkehrsministerium dieser Tage beweist:

06.07.11
Zeil: ,,Auch ohne Olympia muss die 2. Stammstrecke kommen“

MÜNCHEN Bayerns Wirtschaftsminister Martin Zeil zeigt sich enttäuscht über die Entscheidung des Internationalen Olympischen Komitees (IOC), die Olympischen und Paralympischen Spiele nicht an Deutschland und die bayerischen Bewerber zu vergeben. ,,Als guter Verlierer gratuliere ich Pyeongchang zur Austragung der Olympischen Spiele 2018 und wünsche viel Erfolg bei der Vorbereitung und Durchführung eines der wichtigsten Sportereignisse der Welt. Als Bayer habe ich natürlich bis zum Schluss die Daumen für München und Garmisch-Partenkirchen gedrückt. Leider hat das Olympische Komitee nicht zu unseren Gunsten entschieden. Nichtsdestotrotz danke ich allen Beteiligen, allen voran Katarina Witt, für ihren ebenso unermüdlichen wie charmanten Einsatz, Olympia 2018 nach Bayern zu holen. Sie haben eine hervorragende Bewerbung abgeliefert. Dafür gebührt Ihnen unser aller Dank“, bekräftigt Zeil.

Ergänzend fügt der Minister hinzu, dass sich Deutschland, Bayern und die Austragungsorte der deutschen Olympiabewerbung München, Garmisch-Partenkirchen und Schönau am Königssee als moderne, weltoffene und sportbegeisterte Gastgeber präsentiert hätten: ,,Aufgrund unserer Erfahrung bei der Ausrichtung von Sportgroßveranstaltungen wie der FIFA-Fußball-WM 2006 oder der FIS Alpinen Ski-WM 2011 bin ich mir sicher, dass sich der Sportstandort Bayern von seiner besten Seite gezeigt hätte.“

Wie Zeil weiter betont, habe er sich ,,nicht nur als Sportsmann und Bayer, sondern auch als Wirtschaftsminister viel von den Olympischen Spielen erhofft“. Sie hätten es viel leichter gemacht, wichtige Investitionsprojekte im Freistaat schneller voranzubringen. ,,Gerade mit Blick auf die 2. Stammstrecke hätten wir beim Bund noch bessere Karten für eine zügige Realisierung des Projektes gehabt“, erläutert Verkehrsminister Zeil. ,,Die Absage ist aber für die geplanten Projekte kein Beinbruch, sondern allenfalls eine Verstauchung, die uns nicht zurückwirft.“ Jetzt gelte es, die große Bedeutung der 2. Stammstrecke für den Bahnknoten München noch deutlicher beim Bund zu vertreten. Zeil wörtlich: ,,Egal ob mit oder ohne Olympia: Die 2. Stammstrecke muss kommen. Sie ist und bleibt das Herzstück eines zukunftsfähigen Nahverkehrs in München, in der Region und in ganz Südbayern. Wir sind alle weiterhin aufgefordert, gemeinsam an einem Strang zu ziehen und das Projekt nach Jahren der Planung auf den Weg zu bringen, zumal wir noch nie so weit waren wie heute. Wir werden deshalb so schnell wie möglich die Gespräche mit dem Bund über die Finanzierung fortführen.“

Die Region München brauche die 2. Stammstrecke: Denn schon heute nutzen täglich über 800.000 Fahrgäste das Münchner S-Bahnnetz. ,,Die Kapazität ist damit am Limit – oft auch schon darüber hinaus“, erklärt Zeil. Und da München und sein Umland weiterhin überdurchschnittlich wüchsen, stiegen damit auch zwangsläufig die Anforderungen an einen kundenorientierten, effizienten öffentlichen Nahverkehr.

,,Mit der 2. Stammstrecke können wir das S-Bahnangebot in der Region deutlich verbessern, die Pünktlichkeit und Betriebsqualität deutlich verbessern, bei Störungen auf der Stammstrecke endlich auf eine Alternative ausweichen und die steigende Mobilität der Menschen auch Klima schonend bewältigen“, argumentiert der Verkehrsminister.

Mit allen Beteiligten werde nun unverzüglich besprochen, wie das Projekt weiter vorangetrieben werden könne. Die archäologischen Grabungen (im Marienhof, die Red.) blieben davon unberührt und würden planmäßig fortgeführt.