S- Bahn Ausbau: Seehofer muss nächstes Prestige-Projekt beerdigen!

inn-sider.de: Während der CSU- Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer aus Traunstein dieser Tage in Indien weilte, muss CSU- Chef Seehofer nach dem Transrapid zum Münchner Flughafen das nächste Prestige- Projekt seiner Partei beerdigen: Die 2. Stammstrecke für die Münchner S- Bahn, einen Milliarden teuren Tunnel, der die Bayerische Landeshauptstadt in 40 Meter Tiefe hätte durchqueren sollen.

Nach etlichen Medienberichten, nahm die Bayerische Staatskanzlei heute dazu Stellung:

Kreuzer: „Ude nimmt S-Bahnfahrer in Stadt und Umland zur Geisel für
seinen Wahlkampf / Es ist schäbig, wie Ude auf dem Rücken von vielen
Tausend Pendlern persönliche Ziele verfolgt / Trotz grünem Licht vom
Bund für Vorfinanzierung 2. Stammstrecke in München in Gefahr /
Unabdingbare Voraussetzung ist uneingeschränkter eigener
Vorfinanzierungsbeitrag der Landeshauptstadt / Wenn Ude bei ,Nein‘
bleibt, scheitert das Projekt“

Bayerns Staatskanzleichef Thomas Kreuzer hat das neuerliche ,Nein‘ von
Münchens Oberbürgermeister Christian Ude zur Vorfinanzierung der 2. S-
Bahnstammstrecke scharf kritisiert: „Mit seiner entlarvenden Äußerung,
sich allenfalls als Ministerpräsident für die Verbesserung der S-
Bahnsituation in München einzusetzen, nimmt Ude die S-Bahnfahrer in
Stadt und Umland zur Geisel für seinen persönlichen Wahlkampf. Es ist
schäbig, wie der Münchner Oberbürgermeister auf dem Rücken von
Tausenden Pendlern und S-Bahnnutzern in der Landeshauptstadt seine
eigenen persönlichen Ziele verfolgt.“

Die Bundesregierung sei, so Kreuzer weiter, zu einer beschleunigten
Realisierung der Zweiten Stammstrecke in München im Wege einer
Vorfinanzierungslösung bereit. „Auch Bundesfinanzminister Wolfgang
Schäuble hat unmissverständlich grünes Licht für die Vorfinanzierung der
2. Stammstrecke in München gegeben. Unabdingbare Voraussetzung ist
aber das uneingeschränkte ,Ja‘ Münchens zur 2. Stammstrecke und ein
eigener Vorfinanzierungsbeitrag der Landeshauptstadt München. Nur mit
einem ,Ja‘ der Landeshauptstadt zur Vorfinanzierung kann der Bau der
2. Stammstrecke beschleunigt werden. Wenn Ude bei seiner
Verweigerungshaltung bleibt, bringt er das Projekt zum Scheitern.“
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble hatte Ministerpräsident Horst
Seehofer in einem Schreiben die Bereitschaft der Bundesregierung
erklärt, das Projekt 2. Stammstrecke in München zu unterstützen. Der
Bundesfinanzminister hatte aber zur unabdingbaren Voraussetzung
gemacht, dass auch die Landeshauptstadt München als hauptsächlicher
Nutznießer dieser Baumaßnahme einen der Verkehrsfunktion für die
Stadt angemessenen hohen Anteil in Form einer Vorfinanzierung
übernimmt. Der Bundesfinanzminister hat in diesem Zusammenhang
darauf hingewiesen, dass andere Städte für derartige Maßnahmen über
einen Vorfinanzierungsbeitrag hinaus sogar einen eigenen dauerhaften
Finanzierungsanteil übernehmen.

Der angegriffene Münchner Oberbürgermeister, Christian Ude, antwortete prompt via der Deutschen Presse Agentur: Ude sagte sinngemäß, das sei ein Stück aus dem Tollhaus, was die Staatsregierung und der bayerische Bundesverkehrsminister hier aufführen.

Die Grünen urteilen: Scheitern der Stammstrecke endlich eingestehen und fordern in einem Dringlichkeitsantrag Sofortmaßnahmen zur Ertüchtigung der Münchner S-Bahn

Nach dem offenkundigen Scheitern der Pläne für eine zweite S-Bahnstammstrecke in München haben die Landtagsgrünen die Staatsregierung aufgefordert, die längst überfälligen Maßnahmen zur Ertüchtigung des S-Bahn-Netzes in Angriff zu nehmen: ,,Anstatt sich weiterhin Schaukämpfe und Schwarze-Peter-Spiele zwischen Bund, Freistaat und Landeshauptstadt München zu liefern, ist es höchste Zeit, endlich für konkrete Verbesserungen zu sorgen,“ sagte der Fraktionsvorsitzende Martin Runge. Dazu zählten beispielsweise der Ausbau der S-Bahn-Linie 4 nach Geltendorf, die Anschaffung weiterer Zuggarnituren oder die Einrichtung einer Express-S-Bahn zum Flughafen. Die Grünen haben dazu für die morgige Plenarsitzung einen Dringlichkeitsantrag eingereicht. ,,Die grüne Landtagsfraktion hat von Anfang an darauf hin gewiesen, dass der Nutzen einer zweiten Stammstrecke in keinerlei Verhältnis zu den enormen Kosten steht. Für hunderttausende von Fahrgästen würden sich sogar aufgrund der Streckenführung und der geplanten Haltepunkte massive Verschlechterungen ergeben. Dass die Staatsregierung für ein solches Projekt Milliarden verbuddeln will, die dann an allen Ecken Bayerns für andere Nahverkehrsprojekte fehlen, ist gänzlich unverantwortlich.“
Martin Runge warf der Staatsregierung vor, mit ihrem Festhalten am Projekt Zweite Stammstrecke 15 Jahre verspielt zu haben: ,,Die vollmundigen Verlautbarungen sämtlicher Verkehrsminister, die Finanzierung des Projekts sei gesichert, hat sich als völlig unhaltbar erwiesen. Deshalb muss die Staatsregierung jetzt endlich die Notbremse ziehen und dafür sorgen, dass die überfällige Ertüchtigung der Münchner S-Bahn nicht länger auf der Strecke bleibt, weil man sich blind einem unbezahlbaren Phantomprojekt verschrieben hat.“

Selbst die Piratenpartei machte sich lustig. Ein Mitglied schrieb in den parteieigenen, öffentlichen Diskussionsforen:
,,+++ EIL +++ Die Staatsregierung wurde von einem Blitz getroffen. CSU krankt an Vernunftgewinn. +++ EIL +++

So wie es aussieht, hat die Staatsregierung grade entdeckt, dass die
Stammstrecke tot ist und das immer noch gerittene Pferd langsam kalt wird.

Tja, jetzt sollen die 950 MRD Euro irgendwo anders rein, und da hat man
einen breiten Beutel an Maßnahmen, den man priorisiert und fertig überdacht
hat.

Ich glaube, wenn sich das ,,regierungsfähig“ nennt, bekommen das Piraten
besser hin.

Kritiker warnten hingegen schon lange vor dem finanziellen Fiasko, wurden aber als zukunftsfeindlich, nicht „legitimiert“, ewige Blockierer, nein- Sager und Verweigerer bezeichnet. Dabei schienen sie näher am Boden der Tatsachen, näher an der Realität, wie die Ereignisse nun zeigen.

Nachdem der Landtag die Pläne der Staatsregierung zum ,,Bahnknoten München“ abgesegnet hatte, sind mittlerweile drei Jahre vergangen, ,,verlorene Zeit“ wie einer schreibt, ,,mit diesen 6,2 Milliarden Euro Mammut- Gespenstern“!
Auch die heimische Bahnstrecke Mühldorf- München war Teil dieses Konzepts: ,,Bahnknoten München“, als Teil der Flughafen- Anbindung.

Vor nicht allzu langer Zeit hieß es von Seiten einiger Jungpolitiker der CSU aus der Region: Die 2. Stammstrecke werde den Mehrverkehr der ABS 38 München- Mühldorf- Freilassing aufnehmen. Doch von diesem Mehrverkehr ist die heimische Bahn weit entfernt, denn der weitere Ausbau zwischen München- Mühldorf- Freilassing wird bis auf den Lückenschluss Mühldorf- Tüßling nicht einmal geplant.

Ein betroffener Pendler bedankte sich heute für die Recherchen mitsamt Berichterstattung beim Münchner Merkur.

Zitat:
,,Herrn Deutschländers Kommentar treibt mir beinahe die Tränen in die Augen. Selten hat das alles jemand so auf den Punkt gebracht.
Uns Mühldorfern wird die ganze Diskussion nichts bringen.
Mir reicht allerdings die Genugtuung gegenüber den Vertretern der Jungen Union, die behauptet haben, der 2. S- Bahn- Stammtunnel würde den Mehrverkehr der ABS 38 München- Mühldorf- Freilassing aufnehmen!
Für die Deutsche Bahn selbst heißt das: Die müssen umdenken. Es gibt nicht immer mehr Gelder für noch größere Prestige- Projekte, sondern schnelle Lösungen für die Veränderungen im Ballungsraum München sind gefragt: Für die Kunden und damit uns, die zahlenden Fahrgäste!
Das gilt für die S4 ebenso, wie für die S- Bahn nach Markt Schwaben/ Erding.
Bleibt die Frage, was im Jahre 2003 bei den Verhandlungen zwischen Bund und Freistaat damals zur Mühldorfer Strecke ausgehandelt wurde. Darüber schweigt man sich bis heute aus.
Die zweigleisigen Abschnitte hinter Markt Schwaben und bei Dorfen hätten nämlich vorwiegend dem Nahverkehr gedient. Gut möglich, dass der Bund damals eine Vorleistung des Freistaates wollte.
Eines verdeutlicht das Thema S- Bahn- Tunnel allerdings:
Warten bis zum St. Nimmerleinstag, will man nicht mehr. Denen ist das zu gefährlich, noch mehr Wähler nach München zu zwingen und so letztendlich das weite Land aushungern zu lassen.
Jetzt wären Zwischenlösungen gefragt, auch für Mühldorf- München. Allerdings wird die der Beton- und Pkw- Kopf im Amt des Bundesverkehrsministers nicht voranbringen. Dazu bräuchten wir jetzt starke Vertreter im Landtag. Denn bis die A94 im Jahr 2018 fertig ist, kann sich der Normalbürger das tägliche Pendeln mit dem Pkw nicht mehr leisten!“

Ein denkwürdiger Tag für alle Nutzer von öffentlichen Verkehrsmitteln im Großraum München und Oberbayern.
Vor allem für die Planer der Bahn, um Bayerns Bahnchef Klaus- Dieter Josel, Markus Kühn und Albert Scheller. Diese hatten wiederholt die Wichtigkeit des Projektes betont. Nun müssen sie sich alternativen Lösungsvorschlägen öffnen.
Laut Aussage eines heimischen Landtagsabgeordneten waren die größten Befürworter des 2. S- Bahn- Tunnels in der Landtagsfraktion der CSU der Fürstenfeldbrucker Abgeordnete Reinhold Bocklet und die Ebersbergerin Christa Stewens.

Ausgerechnet im Wahlkreis der ehemaligen Bayerischen Sozialministerin hat der Chefplaner der Deutschen Bahn in München, Albert Scheller, seinen Wohnsitz. Dessen Sohn, Tobias Scheller, rührte kräftig die Werbetrommel für das Projekt seines Vaters: Als Kreisvorsitzender der Jungen Union Ebersberg und Mitglied des Präsidiums des CSU Bezirksverbandes in Oberbayern. Dass er dabei den mangelnden Ausbau der Mühldorfer Bahnlinie verkannte, bemerkten zwar einige Kritiker, allerdings niemanden in der heimischen CSU im Bayerischen Chemiedreieck.

2 Kommentare

  1. Es ist schon merkwürdig, dass gerade neben dem Brucker Landrat Karmasin auch Reinhold Bocklet zu den stärksten Befürwortern der 2. Stammstrecke gehörten. Durch die 2. Stammstrecke wurde nämlich der planungsreife Ausbau der S4 West um Jahre verzögert. Dabei hat er in der Vergangenheit es total in Abrede gestellt, dass durch die 2. Stammstrecke der Ausbau der Aussenstrecken auf den Sankt Nimmerleinstag verschoben wird. Gut: Für die S4 West besteht nun Hoffnung einer Beschleunigung, da zumindest die Nutzen-Kosten-Anlayse nun abgeschlossen ist. Dies muss für die Strecke nach Markt Schwaben nun schleunigst gefordert werden. Kurzfristig muss die Beschaffung von neuen Triebfahrzeugen gefordert werden. Dabei kommt die Strecke nach Markt Schwaben recht schlecht weg.

  2. Zur Erinnerung: Dem Ausbau Richtung Markt Schwaben hat ja die Bedarfsplanüberprüfung mit der Feststellung, dass ein die Kosten rechtfertigender Nutzen für einen viergleisigen Ausbau nicht vorhanden ist, den vorläuffigen Sargnagel eingeschlagen.

    Fragt sich: Wäre dann ein punktueller Ausbau, der bei Baustellen ( ist ja gerade aktuell ) ein fast komplettes Zusammenbrechen des Verkehrs ( S-Bahn im Stundentakt und ein paar Regionalzugpaare pro Tag empfinde ich als solches ) genau so ohne „Nutzen“ für die Renditeoptimierer ?

    Nochmal zum Thema Nutzen: Wenn man den aktuellen NutzeRN genügend Wertschätzung entgegenbringt, dann sollte es doch auch mit dem NutzEN klappen oder ?

    Oder direkter formuliert: In Herrn Ramsauers Ministerium war man der Meinung dass die derzeitigen Nutzer der S6 und der Regionalzüge aus Mühldorf es nicht wert sind, dass man die Strecke für sie ausbaut…

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