A94- eine Autobahn die keiner wollte? Rückblick auf die Autobahn- Geschichte

In 45 Minuten von Mühldorf nach München City - mit der A94Im Alt- Neuöttinger Anzeiger wurde in diesen Tagen ein Leserbrief veröffentlicht, dessen Verfasser die Genehmigung erteilte, seine Zeilen hier nochmals zu präsentieren:

„(..) Ende der 60er Jahre war Seban Dönhuber Bürgermeister von Neuötting und ist quasi Stammvater Abraham der A94. Ich war seit 1966 Vorsitzender des Burghauser Gewerbeverbands. Da hörte ich erstmals von der Forderung Dönhubers nach einer Autobahn von München durch unseren Landkreis (Altötting/ die Red.) in Richtung Österreich. Ich nahm Verbindung mit der Wacker Chemie auf, um von Seiten der Industrie Unterstützung zu erreichen.

Die Reaktion war ernüchternd. In einem Brief wurde ich davon unterrichtet – sinngemäß: „Die Wacker Chemie habe keinerlei Schwierigkeiten bei der Anlieferung der Rohstoffe- die überwiegend mit der Bahn erfolge. Dasselbe gelte auch für die Fertigerzeugnisse. Zudem sei man gerade dabei, von Kalk- Kohle- Karbid- auf Petro Chemie überzugehen. Das mindere die Frachtmenge der Anlieferung erheblich“. Das war eine klare Absage. Den eigentlichen Grund dafür jedoch erfuhr ich erst viele Jahre später.

Und zwar vom seinerzeitigen Personalchef. Damals gab es noch zwei Tarif- Klassen. In Ballungsräumen (München) waren die Tariflöhne von Papier- Chemie- Keramik um etwa 1/4 höher. Wenn, so die Überlegung, wenn der Weg nach München so einfach wäre, könnte man qualifiziertes Personal verlieren.

Die Marathon- heute OMV- hat sich 1966 in Burghausen etabliert. Auch dort wurde ich wegen der Autobahn vorstellig- direkt in der Chefetage.

Ergebnis: Das Werk beziehe seinen Rohstoff über Pipeline. Der Abtransport der Raffiniere- Erzeugnisse erfolge in die heimische Industrie und zu einer Umladestation bei Feldkirchen per Pipeline. Eine Notwendigkeit für einen Autobahn- Anschluss erkenne man nicht. Ende. Zudem geisterte in einigen Köpfen damals noch die Idee der Schiffbarmachung von Inn und Salzach, womit man Osteuropa erschließen könne, herum.

Nun muss man wissen, dass in den 60er Jahren vom damaligem Bundesverkehrsminister Seebohm fast jede Woche irgendwo eine Autobahn eröffnet wurde, und zwar keine Fünf- Kilometer- Strecken wie heute, sondern 50 und 100 Kilometer; allerdings fast alle jenseits des Weißwurst- Äquators.

Aber die Abneigung einer Autobahn war nicht nur auf Seiten der Industrie. Der Einzelhandel fürchtete ebenso eine Abwanderung der Kunden, wenns nach München so leicht ginge. Neuötting, das sich damals –zurecht- als marktführende Einkaufsstadt des Landeskreises gerierte, äußerte massiv diese Bedenken. Denn es war die große Konjunktur der Motorisierung im Privatbereich. Wirkliche, leider nicht ausreichende Unterstützung kam nur vom Handwerk. Denn viele unserer Handwerksbetriebe hatten in München Großaufträge (Olympia 1972) und die waren mit Personal- und Material- Transporten auf die denkbar schlechte B12 angewiesen.

Zusammenfassend kann man sagen: Die A94 wurde in den 60/70/80er Jahren nicht nur verschlafen, sie wurde gar nicht gewollt. Und als dann endlich die Einsicht kam, da traf diese Forderung bereits auf eine Phalanx von Gegnern bei Grünen und Umweltschützern, auch massiv von der FDP, die nun einen Glaubenskrieg eröffneten, um die Trasse Haag oder Dorfen (Isental), um Fledermäuse und Gelbbauchunken, was letztlich zu einer Herausnahme aus der dringenden Verkehrsplanung der A94 führte. (..).“

G. Geith – Burghausen

 

Anmerkung von Seiten der Redaktion:

Bleibt nur noch hinzuzufügen, dass ein zweigleisiger Bahnausbau wohl schneller voran gekommen wäre, hätte die Bahn mit der A94 eine Konkurrenz bekommen. Schon heute pendeln 20.000 Fahrzeuge jeden Tag auf der B12/ A94 zwischen Mühldorf und München.

In Eisenbahnerkreisen geht man allerdings davon aus, dass es in München keine Parkplätze für die Pendler gäbe, man somit vor der A94 keine Angst haben müsse.

Das Gegenbeispiel zeigt eine Broschüre der Europäischen Metropolregion München. Die weißt Pendler auf teils ehemals „wilde“ Parkplätze hin, im Umkreis von München, vorwiegend an Autobahnauffahrten. Das Ziel: Fahrgemeinschaften bilden.

Einer von vier oder fünf Insassen könnte am Arbeitsplatz dann doch eine Parkmöglichkeit haben. Bis das allerdings bei der Südostbayernbahn und deren Verantwortlichen ankommt, müssen wohl erst die Fahrgastzahlen, vor allem im Sommer, erheblich einbrechen…