Stadtbus in Mühldorf außer Takt: Wenn Politik auf Realität trifft

Bahnknotenpunkt Mühldorf a. Inn; 10.000 Fahrgäste zählt die Bahn hier täglich, gen München über Dorfen sind es 15.000 Pendler nach München
Bahnknotenpunkt Mühldorf a. Inn; 10.000 Fahrgäste zählt die Bahn hier täglich, gen München über Dorfen sind es 15.000 Pendler nach München

Es war vor Jahren wieder einer dieser nachdenklichen Abende, an dem einer aus der Realität auf die Politiker traf. Im Mühldorfer Ortsteil Mößling hatte der damalige SPD- Bürgermeister Knoblauch gerade die erfolgreichen Zahlen zum Stadtbus auf einer Bürgerversammlung verkündet. Fast 20.000 Fahrgäste hätten die Linienbusse in der Kreisstadt am Inn pro Jahr. Darauf waren sie alle stolz, der Bürgermeister und die anwesenden Stadträte aller Farben.

Nun ist es aber leider so, dass die Bahn- Pendler den Bus nicht nutzen. Über 10.000 Fahrgäste zählt die Bahn in Mühldorf täglich. Was sind da 20.000 Bus- Fahrgäste pro Jahr? Viele Mühldorfer München- Pendler wissen gar nicht, dass es den Stadtbus überhaupt gibt und so fahren die einen Sommer wie Winter mit dem Fahrrad zum Bahnhof, andere mit dem Auto und der Rest lässt sich von Partnern etc. zum Zug chauffieren.

 

Im Umkehrschluss bedeutet das, dass am Nadelöhr Innkanalbrücke der Verkehrsfluss zu wünschen übrig lässt. Auch darüber wurde oft diskutiert, mit Gutachten Analysen erstellt und so weiter und so fort. Wie viele Autos an der Innkanalbrücke weniger verkehren würden, wenn die Pendler den Stadtbus nutzen, solche Gedanken hat sich noch niemand gemacht.

Die mangelnde Attraktivität des Stadtbusses ist hausgemacht: Morgens fahren die Busse so früh zum Bahnhof, dass selbst die Pendler noch länger schlafen können, die zu Fuß gehen.

Richtig grotesk ist die Situation am Abend, wenn zwei der meist genutzten Pendler- Züge aus München eintreffen. Denn wer aus dem Zug aussteigt, sieht gerade noch die Rücklichter der Busse, wenn die abfahren. Die Stadtbusse fahren den ankommenden Pendlern schlichtweg vor der Nase weg.

Nach allen möglichen wirren Diskussionen und Vorschlägen von außen in den letzten Jahren hat sich immer noch nichts geändert. Dabei sind die knapp 20.000 Fahrgäste pro Jahr keine große Nummer, sondern ein Armutszeugnis: Gerade mal ein paar Hanseln sitzen pro Fahrt im Bus, rechnet man die 20.000 einzeln auf die Tage und Linien herunter.

Warum dem so ist, zeigte eine Diskussion mit Kommunalpolitikern von den Grünen, damals in Mößling, auf besagter Bürgerversammlung: Von Seiten eines Grünen- Politikers hieß es nämlich: Die Abfahrtszeiten der Busse sei richtig, weil an anderen Knotenpunkten Anschlussbusse sonst nicht erreicht werden würden.

Selbst die Grünen in Mühldorf sind scheinbar der Meinung, dass den Stadtbus nur alte Leute oder Menschen nutzen, die sich kein Auto oder Fahrräder kaufen können.

Dass mit den zig- tausend- München- Bahnpendlern eigentlich eine ÖPNV- „geschulte“ Kundschaft da wäre, die es gewohnt ist, in München mit Bus und U- Bahnen bis zum Arbeitsplatz zu kommen, samt Umsteigen und dergleichen, hat am Inn noch nicht einmal der Ableger der Ökopartei begriffen. Die Busse müssten nur zuverlässig fahren und auf die Bahn entsprechend getaktet werden.

Überhaupt scheint es so, als wäre Politikern aller Farben das Synonym „Pendler“ suspekt. Erst Recht die, die mit der Bahn fahren. Dabei fahren die Menschen nicht nur über eine Stunde nach München, sondern dort noch weiter in die Büros und zu den Firmen. Jede Minute wird kalkuliert und berechnet, darunter fällt der Weg zum und vom Heimatbahnhof in Mühldorf.

So werden für den Stadtbus weiter Steuergelder zum Fenster raus geworfen, während die Pendler auf Auto und Shuttle- Service durch den Partner setzen oder eben bei jedem Sauwetter leiden, bis sie endlich Bahnhof den Zug erreichen. Immerhin, bis sie in München ankommen, müssten sie eigentlich wieder aufgetaut und die Klamotten trocken sein…

Ein Kommentar

  1. zu Stadtbus außer Takt:
    die Busverbindungen sind eine absolute Katastrophe. Als wir aus München hierhergezogen sind, und uns über den öffentlichen NV. informierten, wurde uns vorgeschwärmt, wie unkompliziert das alles ist und welch großen Wert Mühldorf darauf legt. ( Pendlerfreundlich etc.)
    Miserable Provinzrealität ist:
    dass der Bus (Mühldorf Süd) wenn überhaupt, nur EINMAL pro Std.fährt. (WE….Pustekuchen)
    abends wenn ich heimkomme längst nicht mehr. Da muss ich dann ein Taxi nehmen.
    ich für die Strecke eine halbe Std brauche und es so hirnrissig geplant ist, dass der Bus fast regelmäßig zu spät kommt,
    – wenn Wochenmarkt ist und er sich durch die Altstadt quält
    -wenn an der Grundschule Horden von Schulkindern tritschelnd einsteigen
    -wenn Schnee ist sowieso
    Ich kann nicht mehr zählen wie oft ich meinen Zug verpasst habe und EINE Std warten musste.
    man braucht teilweise länger von Mühldorf Süd zum Bhf Mühldorf als nach München.
    Mittlerweile wurden mir in 2 Jahren am Bhf 2 Fahrräder geklaut.
    Somit bedeutet die Mühldorfer Pendlerfreundlichkeit jeden Monat nicht nur 200 € Fahrkartenabo, sondern auch noch Ärger ohne Ende und regelmäßig satte Taxikosten.

    Daher haben sämtliche Münchner Bekannte ( junge, urbane Menschen mit Umweltbewusstsein), die sich in Mühldorf eine Immobilie kaufen wollten, davon Abstand genommen und sind nach Augsburg, Rosenheim und Freising etc. gezogen.
    Münchner zieht bloß nicht nach Mühldorf, besonders nicht wenn ihr ältere Kinder habt und nicht ins rückständige Provinzleben zurückfallen wollt, wo jede Familie 4 Autos braucht um mobil zu sein.
    aktuell lautet die Verkehrspolitik: MühlDORF is nix für Münchner.

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