Berichte über Bahnlinie: Traurige Realität vor Augen gehalten

Links ein ICE, in der Mitte der Zug "Meridian" nach Rosenheim und rechts die alten Wägen der Mühldorfer Südostbayernbahn
Links ein ICE, in der Mitte der Zug „Meridian“ nach Rosenheim und rechts die alten Wägen der Mühldorfer Südostbayernbahn

Die Bahn lädt gerne zu offiziellen Terminen und dann tragen die Verantwortlichen so richtig dick auf. Lokal- Journalisten ließen sich bisher davon beeindrucken. Das triste Redaktions- Büro in einer Kleinstadt in der Provinz kennt eben wie der Leserkreis nur das, was vor Ort ist. Andere Bahnlinien und deren Verhältnisse sind ein Fremdwort.

Dumm läuft es für die Bahn nur dann, wenn an der regionalen Strecke überregionales Interesse herrscht. Etwa weil die heimische Bahnlinie eigentlich ausgebaut werden soll. Für den ICE- Verkehr zum Beispiel. Im Rahmen irgendwelcher Europa- Magistralen- Pläne der Europäischen Union oder zur Anbindung des Flughafen München.

Wenn die Manager der Regionalbahn dann versuchen, Reporter von überregionalen Zeitungen mit der üblichen Show zu beeindrucken, kann das in die Hose gehen…

Denn diese Reporter sind anderes gewohnt. Weniger ruckeln, schnelleres Beschleunigen und auf das alt- ehrwürdige „früher war alles besser“- Gerede bei der Bahn und deren Loks geben die schon gar nichts.

Die staunen höchstens, über die Meinung der Menschen, die andere mit ihren uralten Lieblingen zur Arbeit fahren, dafür Geld kassieren, während an anderen Orten längst mehr Komfort herrscht und vor allem das Fahrgefühl auf modernerem Geläuf von Statten geht. Mitsamt kürzeren Fahrzeiten. Was für die Bahn- Mitarbeiter Arbeitszeit ist, kostet die Kunden wertvolle Freizeit.

Wer jedenfalls bei der Südostbayernbahn in Mühldorf erwartete, die überregionalen Berichterstatter aus München würden ähnliche Jubelarien anstimmen, wie die Lokal- Reporter der heimischen Zeitungen, der hat sich geirrt. Idyllisch, malerisch, rückständisch. Von gestern. So könnte man das umschreiben, was hier hochgejubelt wird.

Oder: Die in München haben schlichtweg einfach nur Mitleid über das, was das Gleisbett der Deutschen Bahn hier den Fahrgästen zumutet. Wie viel Zeit Pendler verlieren und wie viel mehr Freizeit solche Pendler haben könnten, wenn die Bahnlinie Mühldorf -München einfach nur dem Stand der Zeit entsprechen würde.

Kraftprotz trifft Holperstrecke. Neue Loks auf altem, sanierungsbedürftigem Holpergleis. Mit Vergleichen im bayerischen Rundfunk, welche Wegstrecken auf anderen Bahnlinien in Bayern zurückgelegt werden, bis hier in den nahen Osten Münchens ein Zug endlich die 80 Kilometer nach Mühldorf geschafft hat.

Dass die Zeit gen Chemiedreieck stehen geblieben ist, zeigt die Belustigung der Journalisten über den Schrankenwärter an der Strecke. Den gäbe es freilich nur noch, weil die durchfahrene Gemeinde nicht wisse, ob hier eine Unter- oder Überführung her soll. Sagt die Bahn.

Es gibt aber noch mehr Schrankenwärter, zwischen München- Mühldorf und Freilassing. Mindestens ein weiterer kurbelt noch wie zu Zeiten ohne Strom. Die Schranken am Bahnübergang werden per Hand heruntergelassen. Wenn der Schrankenwärter verschläft, fährt der morgendliche Zug nur im Schritt- Tempo und mit Hupen über den Bahn- Übergang. Bahnalltag in Südostbayern, der von allen Seiten tot geschwiegen wird.

Der Zustand der Strecke zwischen München- Mühldorf und Freilassing entspricht eben größtenteils dem Zeitalter, in dem man politisch an dessen Ausbau dachte: Das war im Jahre 1985.

Damals regierte ein dicker Mann die Bundesrepublik Deutschland aus der damaligen Hauptstadt Bonn, in Flugzeugen durfte man noch rauchen, Deutschland war geteilt, der eiserne Vorhang war Realität und der kalte Krieg sorgte dafür, dass im Mühldorfer Dieselbahn- Paradies Brücken auf Bundeswehrkosten aus dem Verteidigungshaushalt instand gesetzt wurden.

Denn wenn der damals kommunistische Russe in die Bundesrepublik Deutschland eingefallen wäre, hätten die Diesel- Netze der Bundesbahn die Versorgung der Bundeswehr übernehmen müssen. Denn der Ostblock, so war die politische Meinung, würde zu allererst das Stromnetz der Bundesbahn kappen, um die Transportwege der Bundeswehr und ihrer Partner zu blockieren.

 

Wer sich all das in Erinnerung ruft, der weiß: Die Holperstrecke nach Mühldorf ist das Erbe aus eben jener Zeit. Nicht mehr und nicht weniger. Im Jahr 2014 haben Fahrgäste auf anderen Bahnstrecken längst schnellere Verbindungen, mit weniger Holpergleis. Modernisiert eben. Da kann es nur gut sein, wenn ab und an überregionale Medien den Politikern, der Bahn, den Bürgern vor Ort und selbst den Lokaljournalisten das vor Augen halten. Es gäbe also noch viel zu tun, denn hier ist die Zeit zu Ungunsten der zahlenden Kundschaft wahrlich stehen geblieben. Was zwar die Bahn freuen mag, für die Kunden aber unsägliche Nachteile bedeutet. Die Fahrpeise der Bahn entsprechen schließlich längst nicht mehr denen aus der Zeit, da dieses ramponierte Gleis stammt, das nur mit Flickwerk notdürftig bis ins diesseits gerettet wurde…

siehe auch:

München- Mühldorf: Kraftprotz trifft Holperstrecke – neue Loks im Einsatz

BR-Radiobeitrag: München-Mühldorf-Freilassing-Salzburg weiterhin vernachlässigt. Zu wenig Mittel