Die Angst fährt mit bei der Mühldorfer Südostbayernbahn: Spaß machen solche Zeile nicht!

Montagmorgen, der erste Arbeitstag im Jahr 2016. Am Bahnhof in Mühldorf am Inn stehen einige hundert Pendler und warten auf den Regional-Express aus Simbach am Inn, der die Kundschaft der Bahn weiter nach München transportieren sollte. Als der Zug um 6.28 Uhr eigentlich einfahren müsste, kam die Durchsage, „Verspätung auf unbestimmte Zeit, wegen Weichenstörung“.

Bei vier Grad minus und vor kurzen einsetzenden Eisregen scheint der späte Wintereinbruch auch in diesem Jahr die Bahn einmal mehr zu überraschen. Dabei erschien doch im Dezember in Berlin ein Schriftstück „Zukunft Bahn– Gemeinsam für mehr Qualität, mehr Kunden, mehr Erfolg“. Dieses Blatt beinhaltet unter anderem die Idee, künftig mit mobilen Teams vor Ort solche Weichenstörungen zu beseitigen. Dass diese Verspätung erst der Auftakt sein sollte, für eine noch aufregendere und fast dramatische Anreise nach München, war zu diesem Zeitpunkt noch niemandem bewusst. Stück für Stück wanderten die Bahn-Kunden in den anderen Zug am Gleis gegenüber, der pünktlich startete. Diese Regionalbahn benötigt mehr Zeit nach München, ist ca. 20 Minuten länger unterwegs. Ein neues Gesicht am Bahnsteig meinte noch humorvoll „mit diesem Zug bin ich auch noch nie gefahren“, während ein anderer entgegnete „ich schon“. „Immer wenn der andere mal ausfällt“. Die Erkenntnis eines langjährigen Pendlers der gleich noch hinzufügte: „Kaum hat es ein paar Grad Minus, funktioniert das Graffel der Bahn schon nicht mehr“. Bis Schwindegg war die Fahrt einwandfrei, was dann passierte, läuft immer noch ab wie in Bildern. Plötzlich roch es nach Brand. Unterhalb der Heizung quoll Rauch empor. Immer mehr, immer heftiger. Passagiere packten eiligst ihre Sachen, liefen gen Treppen zum Ausgang, während der Zug in voller Fahrt weiter fuhr. Jemand rief „zieht die Notbremse“, was dann auch offensichtlich geschah. Zumindest bestätigte das der Pressesprecher der Bahn. Der Rauch biss förmlich in den Augen, das Atmen war selbst mit vorgehaltenem Schal eine Qual. Ein Polizist, der sich unter den Fahrgästen befand, kümmerte sich darum, dass niemand im Wagen zurückblieb. Im Gang an den Türen drängten sich die Passagiere, doch die Flucht in andere Wägen war zwecklos. Überall dasselbe Bild: Menschen die vor dem plötzlich auftretendem Rauch flüchteten und froh waren, als der Zug eine Bremsung einlegte. Eine Zugbegleiterin marschierte erschreckt durch die Menge mit den Worten „was ist denn hier los?“. In einer Durchsage forderte sie die Passagiere auf, die Türen zu öffnen, dass frische Luft den beißenden Qualm zumindest halbwegs eindämmte. Froh waren die Bahn-Kunden darüber, dass anscheinend der Wagon in Ordnung, dass hier kein Brand zu erkennen war. Die Erklärung über das „warum“ folgte prompt: Eine der zwei Loks habe wohl gebrannt. Eine von zwei Diesel-Loks benötigt die Südostbayernbahn zum „ziehen“ der Wägen, die andere für Heizung und Klimaanlage. Warum der Zug erst durch das Betätigen der Notbremse an Fahrt verlor, warum der Lokführer nicht früher bemerkte, dass eine der beiden Lokomotive brannte, bleibt das Geheimnis der Bahn. Eine Minute oder zwei fragte sich mancher Fahrgast schon, was die Ursache für den plötzlich auftretenden Rauch sein könnte, während der Zug bei voller Fahrt weiterfuhr. Erinnerungen wurden wach, an Ereignisse in der Vergangenheit, an eine eventuelle Evakuierung auf freier Strecke oder das bange Warten auf Ersatzloks etc.. Schließlich ging es doch weiter, zum Glück für die Insassen des Zuges. Mit der einen verbleibenden Lok (die andere wurde wohl außer Betrieb gesetzt), konnte der Zug den Bahnhof Dorfen erreichen. Dort wurden die Passagiere gebeten auszusteigen und in den nächsten Zug zu wechseln, der danach fuhr. Das war der, der Mühldorf dank der Weichenstörung erst unbestimmte Zeit später erreichen sollte. „Shit happens“ möge da mancher gedacht haben. Andere dachten an all die tollen Vorsätze der Bahn-Konzern-Leitung in Berlin und wie das vereinbar ist, mit dem was hier in regelmäßigen Abständen für Horrorszenarien ablaufen. Der ein oder andere Fahrgast hatte Kopfschmerzen vom Qualm. Im Internet äußerte ein Fahrgast, dass vom ersten Wagen aus Flammen zu sehen gewesen wären, „Funken sprühten an den Fenstern vorbei“ und der Rauch sei „pechschwarz“ gewesen. Nachdem der Motor ausging, war das „Feuer aus“. Anders die Stellungnahme der Bahn. Die zog weder Feuerwehr noch Polizei hinzu. Es hätte keinerlei Gefährdung für die Passagiere bestanden… Ein Feuer habe es nicht gegeben, so ein Pressesprecher aus München. Der war wohl live dabei oder musste sich auf die Angaben jener verlassen, die erst nach Ziehung der Notbremse den Defekt feststellten. von M. Wengler