Bahnland Bayern: Hier grüßt die täglich verspätete Südostbayernbahn, könnten die anderen Bahnen bitte warten?

Wie Fahrgäste in Zeiten des Klimawandels und der Verkehrswende zwischen den Bahn-Unternehmen und der Politik für dumm verkauft werden:

Eigentlich war die Bahn-Welt bis August 2019 zwischen Mühldorf und Freilassing im südöstlichen Oberbayern in Ordnung: Im Dezember 2018 wurde auf der Strecke ein Stundentakt eingeführt, den ein gewisser Landtagsabgeordneter Dr. Martin Huber von der CSU im Raum Altötting/Mühldorf eingefädelt hatte. Dann folgten Baumaßnahmen an einem Bahnhof (Tittmoning/Landkreis Traunstein) und es begann eine Verspätungs-Orgie. Die Südostbayernbahn (SOB), in diesem Fall zuständig für die Baumaßnahmen, beschreibt den Fall so:

„Wegen weiterer notwendiger Bauarbeiten an der Leit- und Sicherungstechnik können die Züge der SOB ab Samstag, 24. August, bis voraussichtlich zum Fahrplanwechsel im Dezember zwischen Garching und Freilassing nur mit einer verminderten Geschwindigkeit fahren (…).“

Die Baumaßnahme, nach einer mehrwöchigen Streckensperrung, war wohl schlecht geplant. Jedenfalls wurde das Eisenbahnbundesamt auf die Strecke aufmerksam und erließ, aufgrund des Zugunglückes vor einigen Jahren in Bad Aibling wie es hinter vorgehaltener Hand heißt, eine Reduzierung der Geschwindigkeit der Züge. Die dürfen nun die Bahnhöfe im Wahlkreis des ehemaligen CSU-Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer, nur mit 40 km/h passieren (Tittmoning), in Fridolfing wurden 50 km/h verhängt und in Laufen (Landkreis Berchtesgadener Land) sollen es 60 km/h sein.

Eben jene Bahnhöfe verfügen über alte Stellwerke, Weichen, Signale und selbst Bahn-Schranken werden noch von Hand gekurbelt. Computergesteuert bzw. digitalisiert ist dort nichts, selbst die Mobilfunk-Verbindung der automatischen Anzeigen in den Zügen ist über Kilometer hinweg gestört und die Sicherheitsanlagen sind offensichtlich nicht miteinander verbunden.

Der SOB wurden derlei Auflagen des Eisenbahnbundesamtes zum Verhängnis. Eine Haltestelle konnte nur mehr im zwei-Stunden-Takt bedient werden, obwohl die Macher der SOB dort noch pompös die Einführung des Stundentaktes gefeiert hatten.

Nach den Baumaßnahmen haben beinahe alle Züge der SOB eine Verspätung von mindestens fünf bis sechs Minuten.

Die Folge: In Freilassing werden die Anschlusszüge gen Berchtesgadenerland Bahn (BLB), planmäßig nicht mehr erreicht. Die SOB hat damit die Anschluss-Verbindung des nördlichen Landkreises Berchtesgadener Land in die Städte Bad Reichenhall und Berchtesgaden gekappt!

Von Seiten der SOB heißt es dazu:
„Aktuell arbeiten wir am Bahnhof Tittmoning-Wiesmühl an der Innenanlage des Stellwerks, deshalb kommt es zu Einschränkungen der Streckengeschwindigkeit. Diese Arbeiten werden zum Fahrplanwechsel im Dezember 2019 abgeschlossen sein.
Dies führt dazu, dass keine Fahrzeitreserven vorhanden sind und wir aufgrund der Taktung keine Änderung des Gesamtfahrplanes vornehmen können, die eine höhere Umsteigezeit zur BLB (Berchtesgadenerland Bahn/ die Red.) bietet.
Zum Fahrplanwechsel 2019/2020 wird der (…) angesprochene Zug, der von Braunau über Salzburg weiter nach Freilassing und Mühldorf verkehrt, nicht mehr durchgebunden. Damit wird sich die Pünktlichkeit des Gegenzugs bzw. deren Auswirkungen auf die Zugkreuzung in Garching wieder verbessern.“

So müssen sich seit August die Fahrgäste täglich beim Triebfahrzeugführer melden und darum zu betteln, die Anschlüsse in Freilassing mögen doch bitte warten. Denn auf der DB-App ist schon vor der Abfahrt der Züge in Mühldorf die Verspätung (z.B. durch den bereits verspäteten Gegenzug in Garching a. d. Alz – der vorher von Braunau über Österreich, Salzburg verkehrt und Verspätung „aus dem Ausland“ mit sich führt) ersichtlich.

Das Personal der SOB in den Zügen zeigte sich nicht erfreut, dauernd die Leitstelle informieren zu müssen. Quasi die Hosen herunter zu lassen „hier grüßt die täglich verspätete Südostbayernbahn, könnten die Züge der anderen (Privat-)Bahnen bitte auf uns warten?“.
Für manchen Eisenbahner war das zu viel des Guten.
So kamen Belehrungen in Richtung der Fahrgäste, die Anschlusszüge, bei einer Umsteigezeit von nur sechs Minuten am Bahnhof Freilassing, wären keine „Plan-Anschlüsse“ und die Kunden hätten keinen Anspruch darauf, dass die Anschluss-Züge warten.

Dazu die SOB:
Die „Anfrage bezüglich des offiziellen Anschlusszuges von Mühldorf (Abfahrt um 6:53 Uhr) nach Bad Reichenhall (Ankunft um 8:21 Uhr)“ wurde „unserer zuständigen Fachabteilung weitergeleitet. Diese konnte bestätigen, dass es sich bei der BLB S3 mit Abfahrt um 8:04 Uhr von Freilassing, um den planmäßigen Anschlusszug von der Regionalbahn 27089 um 7:57 Uhr ankommend in Freilassing handelt.“
Natürlich bedauert die SOB, wenn „von unserer/n Mitarbeiter/in gegenteilige Informationen genannt wurden (..).“

Und was sagt die Bayerische Eisenbahn-Gesellschaft (BEG), die im Auftrag des Freistaates und letztlich unter der von der CSU-geführten, Bayerischen Staatsregierung die Zugfahrten bei der Bahn bestellt und für die Abstimmung des Fahrplanes zuständig ist, zu solchen Vorfällen?

Der BEG wäre es ein wichtiges Anliegen, „dass die beauftragten Verkehrsunternehmen ihren Fahrgästen im Verspätungsfall möglichst viele Anschlüsse gewährleisten“ heißt es auf Anfrage. Aus diesem Grund „geben wir in unseren Verkehrsdurchführungsverträgen konkrete Mindestwartezeiten im Verspätungsfall vor“ und damit erwartet die BEG „eine zuverlässige Abstimmung der Anschlüsse zwischen den beteiligten Verkehrsunternehmen“.
Die Vormeldung der Anschlüsse liege im vorliegenden Fall, so die BEG, „im Verantwortungsbereich der SOB (…) wir gehen davon aus, dass (…) die SOB zum Thema Anschlusssicherung in Freilassing bereits geantwortet hat“.
Unabhängig davon nehme die BEG das Thema ebenfalls auf und werde die Anschlusssicherung in Freilassing „in unsere kommenden Gespräche mit der SOB einfließen lassen“. Zudem wurde die SOB bereits „um eine Analyse der Verspätungsursachen des (…) genutzten Zuges gebeten.“

Natürlich bedauere die BEG die „entstandenen Unannehmlichkeiten“ und hoffe, die Kunden würden „weiterhin umweltfreundlich mit der Bahn fahren.“

Diesem Bericht gingen zahlreiche E-Mails an die verantwortlichen Politiker, die Manager der Mühldorfer Südostbayernbahn (Christoph Kraller und Matthias Krause) und der Bayerischen Eisenbahn-Gesellschaft voraus. Der Fahrgast/ die Bürger sind am Ende die Dummen und stehen sprichwörtlich zwischen den Zügen…