FDP- Direkt-Kandidat Sepp Ried: „Bin optimistisch, dass wir endlich etwas bewegen können“

Interview mit Sepp Ried, dem Listenkandidaten der FDP, zum Wahlausgang und der Zukunft Südostbayerns

Herr Ried, die FDP zieht in den Landtag ein, Sie leider nicht. Wie zufrieden sind Sie mit Ihrem Wahlergebnis?

Sehr. Wir haben mit 6,6 Prozent nicht nur das beste Ergebnis der Geschichte geholt sondern auch unser Wahlziel von 6 Prozent plus x deutlich übertroffen. Natürlich würde ich unseren Landkreis gerne im Maximilianeum vertreten, aber wenn man bedenkt, dass wir unseren Stimmenanteil hier in der „liberalen Diaspora“ vervierfacht haben sind wir alle hochzufrieden und begeistert, dass der Knoten endlich geplatzt ist.

Wie viele Stimmen fehlten Ihnen, um in den Landtag einzuziehen?

Die genaue Stimmenzahl habe ich jetzt nicht im Kopf, aber ein paar haben schon gefehlt. Das liegt nicht daran, dass wir hier schlecht abgeschitten hätten, sondern vielmehr daran, dass unsere Freunde gerade in und um München teilweise bis an die 15 Prozent geholt haben.

Die Mehrheit der Abgeordneten der FDP kommt aus München. Kennen die Mühldorf a. Inn überhaupt?

Aber natürlich. Die Entwicklung unserer Heimat ist ja sogar konkreter Bestandteil unseres in Bamberg beschlossenen Wahlprogramms gewesen. Zeil, Heubisch, Thalhammer, und viele weitere jetzige Parlamentarier haben uns ja auch in den letzten Wochen besucht und sich über die Lage des Landkreises informiert. Nicht zuletzt findet auch der nächste Bezirksparteitag der FDP Oberbayern in Ampfing im Landkreis Mühldorf statt.

Ist die FDP in Bayern so überschaubar aufgestellt, dass selbst Sie regelmäßigen Kontakt zu den FDP- Abgeordneten halten können?

Viele Entscheidungsträger kennen unser Team hier vor Ort persönlich und informieren sich auch regelmäßig bei uns. Als einer der aktivsten Kreisverbände in Bayern sind wir ja auch weit über die Grenzen Oberbayerns hinaus bekannt. Zu Veranstaltungen kommen sogar Parteifreunde aus der gegenüberliegenden Ecke des Freistaats. Ich denke schon, dass wir hier sehr gut vernetzt sind.

Die FDP wird, aller Voraussicht nach, das Bayerische Wirtschafts- und Verkehrsministerium bekommen. Können Sie persönlich in München Einfluss nehmen? Oder fällt unsere Region weiter zurück?

Zur Bildung einer Regierung mit der CSU ist es heute natürlich viel zu früh Stellung zu beziehen. Die Sondierungsgespräche laufen jetzt ja erst langsam an, nachdem die Christsozialen ihre Wunden geleckt haben. Natürlich werden wir weiter Einfluss nehmen. Letzte Woche wurde ja erst von der FDP-Bundestagsfraktion ein Antrag zum Bahnausbau eingebracht. Die Probleme der Region sind unseren Parlamentariern wohlbekannt.

Ist Ihnen klar, dass Sie über Jahre hinweg das einzige Bindeglied zwischen Region und Verkehrsministerium sein könnten?

So schwarz sehe ich das jetzt nicht. In unserer Region bemühen sich ja sehr viele Menschen um eine Lösung der Verkehrsprobleme. Alleine werde ich also sicher nicht dastehen, aber der Verantwortung unserer Bevölkerung gegenüber sind wir uns natürlich bewusst. Hier möchte ich noch einmal auf mein Team hier vor Ort verweisen, in dem unsere Menschen nicht nur einen Ansprechpartner sondern auch einen lauten Fürsprecher haben.

Würden Sie es begrüßen, wenn der Star der Grünen, Sepp Daxenberger künftig anstatt von Waging über Traunstein, von Fridolfing oder Tittmoning über Mühldorf nach München fahren würde?

Als Liberaler möchte ich meinem Kollegen hier natürlich keine Vorschriften machen. Aber die Menschen und die Wirtschaft in unserer Region brauchen schon seit Jahren endlich eine leistungsfähige Bahnachse München-Mühldorf-Salzburg. Wir haben hier praktikable und vernünftige Vorschläge gebracht. Die müssen wir jetzt nur noch unseren Mitbewerbern erklären. Um Ihnen die Lage deutlich zu machen, zeigen wir ihnen gerne unseren schönen Landkreis und machen ihnen die Probleme der Menschen klar. Das gilt natürlich auch für Sepp Daxenberger.

Dr. Marcel Huber (CSU) hat, im Gegensatz zu den Jahren vorher, sich sehr stark für den Bahnausbau eingesetzt und sich in München nicht nur Freunde gemacht. Auch in der eigenen Partei. Haben Sie jemals Kontakt gehabt?

Wir sind uns im Wahlkampf öfters mal über den Weg gelaufen. Ich möchte hier aber schon, dass unterschieden wird, zwischen ernsthaften Engagement und leeren Versprechungen. Seit Jahrzehnten steht immer kurz vor der Wahl endlich fest, dass unsere Infrastrukturprobleme sofort in Angriff genommen werden – und dann? Wenn es nur darum geht, den Menschen das Blaue vom Himmel zu versprechen ohne tatsächlich etwas erreicht zu haben, ziehe ich gerne meinen Hut vor Herrn Huber.

Inwieweit können Sie als Mittler eintreten, dass Dr. Huber, als unser MdL bzw. Frau Heckner aus Altötting, Gehör finden, mit den wirtschaftlichen und strukturellen Problemen Südostbayerns?

Als in der Region tief verwurzelte Leute ziehen wir gerade bei solchen strukturellen Problemen ja oft an einem Strang. Inwiefern wir da auch ernsthaft zusammenarbeiten können, hängt im Wesentlichen von der Bereitschaft seitens der anderen Parteien aus. Wir schenken jedem ehrlichen Vorschlag Gehör.

Könnte es ein Nachteil sein, wenn die FDP 2009 nicht auf der Regierungsbank in Berlin Platz nehmen kann?

Für Deutschland ist es immer schlecht, wenn wir nicht mitregieren. Gerade Steuer- und Mittelstandspolitik sowie der Schutz der Bürgerrechte und eine zukunftsfähige Bildungspolitik werden von unseren Mitbewerbern sträflich vernachlässigt. Und mit unseren tollen Ideen, Visionen und konkreten Verbesserungsvorschlägen wollen wir uns natürlich nicht nur von der Oppositionsbank aus einbringen. Die Menschen brauchen hier einen starken Fürsprecher, eine starke FDP.

Findet ein FDP- Verkehrsminister aus Bayern noch weniger Gehör, als die Abgeordneten von CSU und SPD aus Bayern?

Nein, weil wir als Landesverband auch Bundespolitisch ernst genommen werden. Wieviel Einfluss die CSU in Berlin hat, hat man beim Thema Pendlerpauschale gesehen. Und die in Bayern zur Machtlosigkeit verdammte SPD wird auch von Berlin aus eher belächelt. Gerade unsere guten Kontakte und Verbindungen nach Berlin bieten der Region hier eine Chance.

Die FDP erhält das Wirtschaftsministerium nicht umsonst. Gerade im Bereich des Mittelstandes wird viel von der FDP erwartet. Wie hoch ist der Stellenwert des Bayerischen Chemiedreiecks bei den Münchner Kollegen verankert?

Eine gute Mittelstandspolitik der FDP, die sich übrigens schon in vielen anderen Bundesländern und auch auf Bundesebene bewährt hat ist immer auch eine gute Politik für unsere Betriebe in der Region. Und dazu gehören nicht nur die großen Chemieunternehmen sondern auch die unzähligen kleineren Mittelständler vom Bäcker bis zum Dachdecker oder Schreibwarenhändler. Letzten Endes profitieren wir alle davon. Mit unseren Arbeitsplätzen, niedrigen Steurern und weniger Bürokratie.

Wie sehen Sie die Chancen bei einer Vierer- Koalition für unsere Region? Damit wäre Sepp Daxenberger der einzige Abgeordnete auf der Regierungsbank und der kann entweder mit dem Pkw auf einer Autobahn(A8) oder aber ab Traunstein mit elektrifizierter zweigleisiger Eisenbahn, teilweise sogar mit Zügen des Fernverkehres verkehren. Sein Interesse am Bayerischen Chemiedreieck dürfte sich doch insgesamt in Grenzen halten, oder?

Eine Regenbogenkoalition mit ultra-linken SPD’lern und Grünen sowie völlig unberechenbaren Freien Wählern wird es mit uns nicht geben, das hat auch unser Generalsekretär Martin Zeil mehrmals klargemacht. Unser Ziel war schon immer konstruktive, ehrliche und zukunftsorientierte Politik für Bayern. Einem blinden Hass auf die CSU ordnen wir das nicht unter. Das überlassen wir anderen. Im Maximilianeum wollen wir die strukturellen Probleme anpacken, ob Daxenberger oder Huber nun mit dem Fahrrad oder dem Flugzeug nach München pendeln ist dafür doch vollkommen unerheblich.

Rauchverbot, Verkauf der Landesbank, Versammlungsrecht,
Online-Durchsuchungen: All die Themen werden in punkto Koalitionsverhandlungen geäußert.
Wird in diesen „private Investoren“, z.B. beim Bahnausbau München – Mühldorf – Freilassing auch schon ein Thema sein?

Das ist ja auch unser Vorschlag im Bundestag, über den gerade beraten wird. Wenn die Haushaltslage einen zügigen Ausbau nicht zulässt, müssen wir eben schauen, wie wir das Projekt trotzdem realisieren können. Den Menschen und Unternehmen ist es egal, ob die Gleise nun dem Staat oder einem Investoren oder beiden zusammen gehören, Hauptsache der Ausbau wird endlich in Angriff genommen. Weiters forden wir auch, dass die überdurchschnittliche Entwicklung der Region neu bewertet wird, um in den Dringlichkeitslisten einen gerechten Platz zu bekommen. Auch EU-Fördermittel könnten abgerufen werden, handelt es sich doch als Teilstück der „Magsitrale für Europa“ von Paris nach Budapest auch um ein Projekt von europäischer Bedeutung.

Wer die zwei Gleise mitsamt Elektrifizierung baut – ist den Menschen egal. Der Bahn und dem Bund aber nicht. Befürchten Sie, dass die Lukrativität unserer Bahnstrecke sich hier negativ auswirken und zu einem versteckten Politikum werden kann?

Dass die Deutsche Bahn AG sich so ein Filetstück nicht vom Teller nehmen lassen will, kann ich verstehen. Wenn diese aber keine realisierbare Finanzierung und konkrete Pläne für die nahe Zukunft vorlegen kann, müssen wir uns nach Alternativen umsehen. Solche Partnerschaften mit der Privatwirtschaft funktionieren auch andernorts tadellos, und wenn das eine finanzierbare Lösung darstellt, sehen wir keinen Grund, sich dem zu verschließen.

Was sagen Sie dazu, dass der Markt Isen einen Antrag auf Änderung des Naturschutzgebietes beim Landratsamt Erding gestellt hat, um darauf ein neues Sportgelände errichten zu können (Quelle: Merkur Online/ Dorfener Anzeiger)? 2100 Hektar Landschaftsschutzgebiet,das zur Verhinderung der Isentaltrasse ausgewiesen worden war…

Mit dem konkreten Fall bin ich jetzt nicht im Detail vertraut und möchte mir deshalb auch kein Urteil anmaßen. Das fragliche Grundstück wäre für die Autobahn aber wohl nicht in Frage gekommen.

Befürchten Sie, dass bei einem „weiter so“ beim Bahnausbau bzw. der A 94 (obwohl hierfür das Innenministerium zuständig ist) die Menschen auch Sie in die Verantwortung nehmen werden?

Es ist auch unsere Aufgabe hier als Partei vor Ort, den Menschen und den Medien die Entscheidungen unserer Mandatsträger zu erklären und für Nachfragen bereitzustehen. Und die nehmen wir gerne wahr. Ich bin aber optimistisch, dass wir – vielleicht auch in der Staatskanzlei – endlich etwas bewegen können.


Vielen herzlichen Dank!