Mühldorf: Die Menschen können das Wort „Bahnausbau“ nicht mehr hören

Inn-sider.de: Bayerns Verkehrsminister Martin Zeil begrüßt die Einigung von Bundesverkehrsminister Ramsauer und Bundesfinanzminister Schäuble, ab sofort ein Planungskostenbudget für Schienenaus- und -neubauten bereitzustellen.

„Was lange währt, wird hoffentlich gut. Die Einführung des Planungskostenbudgets ist eine meiner wichtigsten verkehrspolitischen Forderungen. Damit kann der Bund Prioritäten setzen und den rechtzeitigen Beginn der Planungen festlegen. Letztlich ist das Planungskostenbudget ein deutliches Signal, dass der Schiene mehr Bedeutung zukommt“, freut sich Zeil. Er verspricht sich davon, dass große Schienenprojekte in Bayern nun schneller realisiert werden können.

Zeil wertet die Einführung als ersten Schritt und erwartet einen neuen Impuls für Bayerns Schienenprojekte. „Der Freistaat muss bei den aktuell geplanten Projekten angesichts seiner wachsenden Wirtschaftskraft und Bevölkerung ganz vorne dabei sein. Deshalb freut es mich, dass Ramsauer bayerische Projekte für das Budget benannt hat: die Ausbaustrecke München – Mühldorf – Freilassing und den Brennerzulauf“, betont Zeil. Zugleich fordert Minister Zeil den Bund auf, die Planung zweier weiterer dringende Schienenprojekte aus dem Budget voranzutreiben: die Viergleisigkeit im Münchner Osten zwischen Daglfing und Johanneskirchen und die Fortführung der Elektrifizierung von Hof Richtung Süden.

Der viergleisige Ausbau zwischen Daglfing und Johanneskirchen, auf der S- Bahn- Linie 8 zum Flughafen München, beinhaltet den Ausbau der stark befahrenen Güterzugverbindung des Münchner Nordrings Richtung Rosenheim, zum Ostbahnhof, zum Güterbahnhof München- Riem sowie nach Mühldorf.
Der Güterbahnhof München- Riem ist heute mit drei Gleisen an den Ostbahnhof angebunden, diese teilen sich jedoch die Güterzüge mit den S- Bahnen nach Markt Schwaben sowie den vielen Mühldorfer Regionalzügen.

Der viergleisige Ausbau vom Ostbahnhof bis Markt Schwaben, war bis vor wenigen Jahren Bestandteil des Ausbaues München- Mühldorf- Freilassing. Er wird derzeit allerdings nicht mehr verfolgt.

Minister Ramsauer ließ vor wenigen Tagen aus Berlin mitteilen:

„Das Bundesverkehrsministerium hat sich mit der DB AG und dem Bundesministerium der Finanzen über die Finanzierung der Planungskosten für den Neu- und Ausbau von Schienenprojekten geeinigt. Künftig erhält die Bahn pauschal 18 statt bisher 16 Prozent auf die Baukosten für die Planung der Projekte. Gleichzeitig übernimmt der Bund die Vorfinanzierung der Vorplanung. Damit kann der Bund die Initiative ergreifen und die Planung wichtiger Projekte in Auftrag geben.

Ramsauer: „Von nun an kann der Bund von sich aus wichtige Schienenprojekte in Planung geben. Damit setzen wir eine weitere Vereinbarung aus dem Koalitionsvertrag um. Das gibt neuen Schub für Projekte wie München-Mühldorf Freilassing oder die Anbindung an den Brennerbasistunnel. Das ist ein wichtiger Schritt, mehr Güter auf die Schiene zu bringen.“

Kritiker der Bahnpolitik in Oberbayern sehen die Jubelmeldung aus Berlin skeptisch:

„Dies hat meines Erachtens vor allem drei Auswirkungen:
– Projekte werden pauschal um 2,44% teurer, wenn die Baukosten gleich bleiben: 2,44%=(100%-16%)/(100%-18%)
– Die Bahn ist umso mehr daran interessiert, teure Projekte zu planen, da sie umso mehr an den Planungskosten verdient!
– so sinkt der Anreiz für innovative und effiziente Maßnahmenpakete noch weiter!
Vielmehr wäre es dringend erforderlich, wie zum Beispiel in der Schweiz, die Planungskosten von den Baukosten zu entkoppeln (anhand eines Planungskostenkatalogs je Gewerk) – oder zumindest die Planungskostenpauschale degressiv zu den Baukosten festzulegen.“ äußerte ein Eisenbahn- Ingenieur.

Laut dem Dorfener Anzeiger glauben nicht einmal manche CSU- Bürgermeister den Worten aus Berlin und München.

Das Lokalblatt schrieb:
„Allerdings glaubt der Stadtchef nicht wirklich daran, dass es jetzt beim Bahnausbau vorangehen soll. „Das sind wohl wieder nur schöne Sonntagsreden, die Aufbruchstimmung vermitteln sollen. Man weiß nicht mehr, was man glauben kann. Letztendlich wird permanent das Gleiche erzählt. Das ist alter Wein in neuen Schläuchen. Das ganze ist ein Trauerspiel.““ wird der Dorfener Bürgermeister zitiert.

Während CSU- Bundesverkehrsminister Ramsauer in Berlin und Bayerns FDP- Verkehrsminister Zeil so in Jubelarien ob der neuen Planungsmöglichkeit verfallen, ist die heimische Politik bedächtig.
„Bis vor wenigen Monaten wurde in Sachen Bahnausbau aus jeder Mücke ein Elefant gemacht“, äußern Beobachter.
„Das derzeitige Schweigen ist entweder inner- politisch, persönlichen Auseinandersetzungen zu zurechnen oder mit der Angst verbunden, sich mit jeder weiteren Wortmeldung noch mehr zu blamieren, als bisher schon geschehen.“

Das Vorgehen am Bahnausbau kratzt parteiübergreifend am Image der Politiker in der Region. Viele Menschen können und wollen das Wort „Bahnausbau“ nicht einmal mehr hören.