Bahn- Pendler als Stimmvieh: Wahlkampf an den Bahnsteigen

Bundesbauminister Dr. Peter Ramsauer (CSU)Im Wahlkampf zur Bundestagswahl im Jahr 2009 war einer aus Neuötting nach einer besonderen Woche richtig geschlaucht.

Der Bundestagsabgeordnete Stephan Mayer verteilte an den Bahnhöfen im Landkreis Mühldorf, in Schwindegg, Ampfing und zuletzt in der Kreisstadt am Inn mit seinen Helfern Flyer. Wahl- Flyer für die Berufspendler nach München, am frühen Morgen.

Von fünf Uhr morgens bis neun Uhr schüttelte er den Bahn- Pendlern die Hand, versprach sich in Sachen Bahnausbau einzusetzen mit dem üblichen Blabla, wenn sich Politiker an die Belange ihrer potentiellen Wähler erinnern, vor Wahlen.

Einige Tage später gab es Butterbrezeln von der SPD, jeder wollte die Stimmen der Berufspendler nach München für sich gewinnen.

Die CSU- Labellos von damals verteilte der hiesige Bundestagsabgeordnete selbst am Eingang zum Bahnhof. Sein  Klientel: Die Männer, die nach München zur Arbeit fahren und von den Frauen per Pkw zum Bahnhof chauffiert werden.

Das alte Rollenbild in den Familien, die rührige Ehefrau sollte sehen, wie der Weg des Mannes honoriert wird, wie sich der Abgeordnete persönlich um die Pendler kümmert, die nach München fahren und Geld für die Familie in der Heimat bringen.

In wenigen Tagen wird sich dieses Schauspiel wiederholen. Kalt wird es sein, was Pendler im sogenannten Zwiebel-  Look überdrücken, brachte dem Bundestagsabgeordneten  eine empfindliche Erkältung ein. Kein leichtes Leben, von fünf Uhr morgens bis neun Uhr an Bahnhöfen um Wählerstimmen zu buhlen.

Vor vier Jahren waren die Buhmänner in Sachen Stillstand beim Bahnausbau Mühldorf- München die Politiker von der SPD. Da war es ein Herr Tiefensee aus Leipzig, der Verkehrsminister in Berlin war,  den die vielen tausend Pendler nach München so gar nicht zu interessieren schienen.

Jetzt, im Jahr 2013, heißt der Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer, einer aus der Region, aus Traunwalchen im Landkreis Traunstein. Sonderlich viel bewegt hat der Mann nicht, die Bewegungen seiner Lippen mit vollmundigen Worten von Meilensteinwürfen, die eher einem Kieselsteinweitwurf glichen, mal ausgenommen.

Ungünstig für die Politiker ist die Situation des Schienenersatzverkehrs in den letzten August- und September- Tagen vor den Wahlen. Kurz vor der Landtagswahl heißt es wieder in Busse umsteigen, anstatt mit der Bahn zu fahren. Gäbe es ein zweites Gleis, wäre das weniger beschwerlich. Die Strecke von Mühldorf nach Dorfen wird im Sommer 2013 erneut „saniert“. Wie schon im Jahr 2010 und letztes Jahr. 2010 hatte die Bahn allerdings einige Kilometer übersehen und das was im Jahr 2012 vollmundig ausgebessert wurde, muss 2013 schon wieder wegen Materialfehlern überarbeitet werden.

Liefert die Südostbayernbahn ähnliche Fehlkalkulationen bei den Buskapazitäten wie in den letzten Jahren, stehen die Pendler wieder in den Ersatzbussen wie 2010 oder wie im letzten Jahr: Da mussten einige gar eine Stunde auf den nächsten Bus warten, weil die Bahn zu wenig Busse orderte und die Menschenmassen nicht mitfahren konnten.

Das könnte gefährlich werden, für den ein oder anderen (Möchtegern-) Volksvertreter. Die Wut und Resignation vieler Bahn- Pendler staut sich in solchen Situationen auf. Zu spüren hat das bisher nur die Südostbayernbahn bekommen, wenn zeitnah Umfragen in den Zügen gemacht wurden. Seitdem unterlässt das die Bahn.

Die Kandidaten der großen Parteien von CSU und SPD für den Bundestag und Landtag, ob aus Töging, Ampfing, Neuötting oder Ebersberg werden dennoch von Dorfen über Schwindegg und Ampfing bis Mühldorf die Wähler umgarnen.

Ob sie tatsächlich ein Interesse am Schicksal der Bahnpendler teilen, darf bezweifelt werden.

Bisher reden sie kleinste Erfolge schön, keiner macht sich innerparteilich gerne Feinde oder kämpft für sein Projekt in seiner Heimat, insgesamt gibt es viel zu viele Projekte in Bayern und nebenbei muss noch das Milliardenloch von Stuttgart 24 finanziert werden.

Die heimischen Bahn- Pendler haben von all dem nichts. Die Politiker müssen so darauf hoffen, dass in den kommenden Wochen möglichst wenig daneben und alles glatt geht. Denn am Ende könnte mancher Bahn- Pendler fragen: Treten die unsere Interessen mit Füßen oder das soll künftig tatsächlich besser werden??