Der Oberhäuptling der Südostbayernbahn pries vor einigen Tagen in den Zeitungen sein Unternehmen und warnte davor, was sich durch eine Ausschreibung und Vergabe an einen Mitkonkurrenten verschlechtern könnte. Nun zeigen seine Mitarbeiter mitsamt seinem „modernen“ Fuhrpark: In Mühldorf braucht es gar keine Ausschreibung, der Fuhrpark der Bahn ist so anfällig, dass auch ohne neue Loks oder Wagen- Garnituren mal eben ein ganzer Zug zur Hauptverkehrszeit ausfällt.
Montagmorgen, 5.46 Uhr. Eigentlich sollte nun am Gleis eins der Zug abfahren. Immerhin acht oder neun Doppelstockwagen fahren da nach München und sammeln in Ampfing, Schwindegg und Dorfen nebenbei bis zu 900 Menschen auf.
Doch an diesem Montag fährt der Zug nicht. „Technische Probleme“ heißt es mehrmals per Durchsage, „die Abfahrt wird sich verzögern“ und schließlich werden die Fahrgäste gebeten, den nächsten Zug nach München zu nehmen. Der fährt von einem anderen Gleis, hat keine hoch modernen Wagons und hält an jeder Milchkanne.
Um 5.55 Uhr sollte dieser Zug den Bahnhof Mühldorf verlassen, einige Pendler waren da schon sichtlich genervt: Manche sagen, ihre Unkenrufe, „dass jetzt schon so lange nichts mehr passiert sei“, wären Schuld an dem Dilemma.
Oder war es doch das Interview des Mühldorfer Südostbayernbahn- Chefs, wie toll und zuverlässig sein Unternehmen doch sei und wie gut es den Pendlern hier ginge, im Gegensatz zu anderen Bahnen auf anderen Bahnstrecken?
Um 6 Uhr ging es schließlich nach München, was für all jene im Zug bereits mindestens 30 verlorene Minuten bedeutete, gegenüber der eigentlich in München erhofften Ankunft.
Wer in Ampfing und Schwindegg in den Zug stieg, bekam gerade noch einen Sitzplatz. Ab Dorfen aber, mussten die Fahrgäste am Gang oder bei den Türen ihren Stehplatz sichern. Sichtlich geschockt waren die Pendler am Bahnhof in Walpertskirchen, als denen klar wurde: Mit einer gemütlichen Fahrt in die Arbeit nach München und Zeitunglesen wird das heute nichts.
In Hörlkofen und Markt Schwaben drehten einige sogar sichtlich frustriert wieder um. Dann doch lieber mit dem Auto fahren oder die S- Bahn nehmen, als mit diesem völlig überfüllten Zug der südostbayerischen Erlebnis- Touristik- Bahn zu fahren.
Irgendwie fühlten sich einige Kunden der Südostbayernbahn am heutigen Tag an das Chaos mit den Meridian- Zügen um Rosenheim erinnert. Und siehe da: Zeitgleich fuhr am Ostbahnhof tatsächlich ein Zug des Meridian ein. Nur dürften heute die Rosenheimer Fahrgäste über die Südostbayernbahn gespottet haben: Jeder hatte einen Sitzplatz in den hochmodernen Wagons, während am Gleis daneben die uralte Öl- Sardine aus Mühldorf mit den Stehplatz- Touristen und deren frustrierten Gesichtern am Bahnsteig eintraf.
Ja, die Südostbayernbahn hat all ihren treuen Kunden wirklich wieder einmal beweisen müssen, dass es immer gut ist, einige Überstunden am Konto zu haben, die durch die Bahn vergeudet werden.
Die Mühldorfer Eisenbahner werden nun wieder Gutscheine für Butterbrezeln und Kaffee verteilen, der Kundenbeirat solche Ereignisse schön reden und die Bahn spart sich so zusätzlich die Kosten für einen vollen Doppelstockzug nach München. Alleine die nicht benötigte Heizung in den Wagons bei einer Leerfahrt dürften die paar Gutscheine für die Bäckereien locker aufwiegen. Aber davon haben die Passagiere keine Ahnung. Sie sind schon froh, wenn sie am nächsten Morgen halbwegs pünktlich nicht wieder so eine Tortour erleben müssen. Mit der tollen Südostbayernbahn, die von sich behauptet, soviel besser zu sein, als alle anderen…