Neufahrner Kurve: „Entwicklungskonzept Bahnknoten München“ – politische Wortklauberei

erdinger-ringschlussAuf Formulierung kommt es an. Deshalb sticht den Beobachtern der politischen Versprechen über Bahnprojekte in Bayern -fünf Jahre nach einem Landtagsbeschluss- eine neue Formulierung ins Auge. Das im Jahr 2009 groß angekündigte „Konzept“ der Bayerischen Staatsregierung „Bahnknoten München“ erhält nun eine neue Bezeichnung, pünktlich zum Spatenstich der „Neufahrner Kurve“ im Jahr 2014.

Die Neufahrner Kurve ist eines der billigeren Projekte des „Konzeptes Bahnknoten München“ und, sechs Jahre nachdem der Landtag den Beschluss für das „Gesamtkonzept“ und die „Flughafenanbindung“ gefasst hat, ist nun tatsächlich Baubeginn.

Zugegeben, das ganze Konzept für den gesamten Bahnknoten kostet 6,2 Milliarden Euro, war damals der Diskussion im Landtag zu entnehmen, die Neufahrner Kurve ist der kleinste Teil der Flughafen- Anbindung und kostet gerade einmal 150 Millionen Euro. Ob das alles überhaupt jemals ein Gesamtkonzept war oder nur die Glocke über die Fülle der politischen Wünsche in München und Oberbayern, sei dahin gestellt. Aber nun wissen die Wähler, wie lange es dauern wird, bis alle Projekte umgesetzt sein werden.

Sprachen damals im Landtag selbst CSU- Größen von einem „Jahrhundertwerk“, weil die Umsetzung des Konzeptes wohl bis zu 100 Jahre dauern werde, sprechen die Presse- Strategen im Bayerischen Innenministerium nun von einem „Entwicklungskonzept“.

Szenekundigen Betrachtern sticht dieses Wort bei der „Einladung – Spatenstich für ‘Neufahrner Kurve’“ ins Auge, wie sich doch Tonart und –lage ändern können. Anstatt blumigen und langatmigen Worthülsen heißt es da „Die ‘Neufahrner Kurve’ ist wichtiger Bestandteil des von der Bayerischen Staatsregierung beschlossenen Entwicklungskonzeptes für den Bahnknoten München“.

Dieses „Entwicklungskonzept“ für den Bahnknoten beginnt nun sechs Jahre nach dem Beschluss im Landtag erste, ganz kleine Blüten zu zeigen. In München rechnen sie wohl damit, dass der Entwicklungsprozess für alle anderen Projekte noch lange auf sich warten lassen wird, wenn diese einzelnen Projekte denn jemals überhaupt angegangen oder vollendet werden. Bei der langwierigen Dauer und aller offenen Finanzierungsfragen könnte sich im Laufe des Entwicklungsprozesses in den nächsten 50 Jahren heraus stellen, dass die zu Grunde gelegten Ansichten zu den Beschlüssen zu Beginn dieses Jahrhunderts längst überholt sind.

Wie immer reisen zu solchen Events alle wichtigen Bahn- Funktionäre an, deren Anwesenheit beweisen soll, wie wichtig dem Bahnkonzern in Berlin die Politiker in Bayern, deren provinziale Träumereien, Wünsche und letzten Endes der Bahnknoten München sowie die Schienenanbindung des Flughafens im Erdinger Moos ist. Der promovierte Volker Kefer vom Bahnvorstand ist bei der Spatenstecherei anstatt Bahnchef Rüdiger Grube vor Ort und für Kefer, den Mann der Stuttgart 21 persönlich für die DB mit Geißler verhandelt hat, dürfte diese Neufahrner Kurve ein provinziales Beiwerk des Bahnanschlusses des Münchner Provinzflughafens Franz- Josef- Strauß sein. Bahntechnisch ist der FJS- Airport der einzige seines gleichen in der Welt, der nur aus der Luft gut zu erreichen ist. Das gilt selbst noch zehn Jahre nach den gescheiterten Transrapid- Träumereien.

Der Rest derer, die zum Spatenstich antanzen, ist in Bayern immer vor Ort, wenn Tatendrang simuliert werden soll: „Bayerns Innen- und Verkehrsminister Joachim Herrmann gibt gemeinsam mit Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt, (…) und Klaus-Dieter Josel, Konzernbevollmächtigter der Deutschen Bahn für Bayern (..)…“

Mit dem „offiziellen Spatenstich“ für „den Startschuss für den Baubeginn dieses wichtigen Infrastrukturprojektes in Bayern“ dürfte dann vorerst übrigens Schluss sein, mit Baumaßnahmen am Bahnknoten München. Stammstrecke, deren zugehörige dreizehn Sofortmaßnahmen und alle anderen Träumereien befinden sich teilweise noch in der Entwicklungsphase. Die Finanzierung ist -trotz CSU- Bundesverkehrsminister und Staatssekretärin alles andere als in trockenen Tüchern.

Ob die nun in Angriff genommene Neufahrner Kurve wirklich eine so großspurige Verbesserung für die Flughafen- Anbindung Niederbayerns und der Oberpfalz ist, zeigt sich übrigens spätestens dann, wenn die verspätungsanfällige Münchner S- Bahn dem Fahrplan vom Flughafen in das bayerische Hinterland einen Strich durch die Rechnung macht. Die neuen Regionalzüge aus Niederbayern teilen sich nämlich den bisherigen Bahnhof mit den zwei Gleisen am Flughafen München mit den S- Bahn- Linien 8 und 1. Die Erweiterung des Bahnhofs am Airport München, der angeblich schon in einem rohbauähnlichen Zustand beim Bau des Airports berücksichtigt wurde, sowie der Weiterbau mit der Verlängerung der S-Bahn in Form des Erdinger S- Bahn- Ringschlusses, stehen -wie sollte es auch anders sein- in den Sternen.

Immerhin, so die Bahn mit ihrem großen Chef in Bayern, Klaus- Dieter Josel, sollen die Züge nach Regensburg und dergleichen im derzeitigen Tunnelbahnhof am Flughafen hinter den S- Bahnen warten können, im vorhandenen Abstelltunnel. Verspätungen der S- Bahn seien kein Problem, hieß es irgendwann in einem Brief von Seiten der Bahn.

Ein wirklich positives Signal versprüht der Baubeginn aber doch: Es tut sich was, in Sachen Bahnprojekte in Bayern. Verging die erste Amtsperiode eines CSU- Bundesverkehrsministers in Berlin sehr mau, so können sie nun einen Kieselsteinwurf wieder als einen Meilenstein feiern, im groß angekündigten „Entwicklungshilfe- Konzept“ für das infrastrukturell der Bevölkerungs- Entwicklung hinterher hinkende, bayerische fünf- Sterne Land.