München: Wenn schon Tunnel – dann für alle! 10 Minutentakt nur mit dem Nordtunnel

OB Ude ist aus dem Häuschen – wieder einmal.
Wagt es doch die CSU nach einer ergebnisoffen geführten internen Diskussion, nicht einfach Grünes
Licht für die Gutachter-Empfehlung zu geben und damit ein Bahn-Investitionsvolumen im Großraum
München von gut 3,8 Mrd. EURO durchzuwinken, sondern noch offene Fragen erst zu klären.

— siehe auch: —

– Nordtunnel hilft auch der U9 – wenn die MVG es will
– Flughafenbahn München: Nordtunnel spart auch U 9 ein

– S-Bahn-Tunnel größerer Schildbürgerstreich als der Transrapid
——–

Unglaublich, wo doch die Kurzpräsentation des Flughafen-Gutachtens schon ganze 6 Tage vorliegt!

Diese offenen Fragen sind aber nicht zuletzt durch die Gutachtenpräsentation am 23.11. selbst
aufgeworfen worden, da Verkehrs-Minister Zeil (FDP) „die Katze aus dem Sack ließ“ und erstmals
offiziell die Notwendigkeit betonte, überregionale Flughafenexpresszüge (ÜFEXe) über den 2.
S-Bahn-Stammstrecken-Tunnel zum Flughafen zu führen.

Ude war am Spätnachmittag des 23.11. selbst Gastgeber und Ohrenzeuge, als DB-Tunnelplaner Albert
Scheller auf Befragen von Stadtrat Georg Kronawitter (CSU) im kleinen städtischen Kreis zugeben
musste, dass der in Teilen bereits planfestgestellte 2. S-Bahntunnel keine gängigen Regionalzüge
aufnehmen kann, noch nicht einmal den brandneuen Fugger-Express der Baureihe ET 440 – den
modernsten Triebzug der DB Regio. Hauptproblem sind die Bahnsteighöhen, aber auch das
eingeschränkte Tunnelprofil. Für ICE-Züge ist der 2.Tunnel darüberhinaus „off limits“, da die
Kurvernradien im „Verdrussabschnitt“ (Kronawitter) Haidhausen für das DB-Flaggschiff zu eng sind.

Wenn schon Tunnel – dann für alle!

Kronawitter: „Es wäre ein Anachronismus, einen neuen Bahntunnel in München mit Milliarden an
Steuergeldern zu finanzieren, der nicht voll regional- und fernverkehrstauglich wäre.“ Neben
Tunnel-Profilen und Kurvenradien sind auch noch das Signalsystem und die Anzahl der
Bahnsteigkanten zumindest am Hauptbahnhof kritische Punkte.

Kronawitter: „Offenkundig soll der 2. Tunnel wie der 1. S-Bahntunnel nur mit der
münchen-spezifischen Variante der Linienzugbeeinflussung (LZB) ausgestattet werden, was sogar dazu
führen würde, dass nur die Münchner Exemplare des bundesweiten Standard-S-Bahn-Triebzugs ET 423
diesen 2. Tunnel benützen könnten.“ Beim Papstbesuch 2006 mussten nämlich die zur Verstärkung
eingesetzten Stuttgarter ET 423 den Südring benutzen, weil sie nicht über die münchen-spezifische
LZB-Empfangseinheit verfügen.

Nur handverlesene, derzeit noch gar nicht erhältliche ET 423-kompatible Nachfolger mit einer
Bahnsteighöhenanpassung könnten als ÜFEXe den 2.Tunnel benutzen – eine politisch untragbare
Einschränkung, zumal die DB AG das Exklusivrecht für den ET 423 hat.

Kronawitter sieht daher auch ordnungspolitische Probleme: „Ein neuer Tunnel mit Flughafenverkehr
muss allen – auch privaten – Fernverkehrsanbietern offenstehen, sonst wird es Probleme mit der EU
geben.“ Ein TEN-tauglicher Tunnel könnte dagegen mit EU-Mitteln gefördert werden.

Nimmt man dann noch die Notwendigkeit hinzu, dass die neue Station Hauptbahnhof bei einem
Mischbetrieb mit S-Bahnen, Regional- und  Fernzügen unbedingt mehrere Gleise pro Richtung
aufweisen muss, um insbesondere den Fernbahn-Kunden ein bequemes Ein- und Aussteigen zu
ermöglichen, dann ist man schnell beim „Nordtunnel“-Konzept von VIEREGG-RÖSSLER.

Das „Nordtunnel“-Konzept ist von vornherein auf einen optimierten Mischbetrieb zwischen S-Bahnen,
Regional- und  Fernzügen ausgelegt. Jeder Zug aus dem Westen zum Flughafen kommt am Hauptbahnhof
vorbei, der laut Aussagen von Bayerns Bahnchef Klaus-Dieter Josel das Ziel von 95% der Fahrgäste
sei. Zwischen Hauptbahnhof und dem Flughafen kann der Fernzug dann aber nach den Erwartungen der
Nordtunnel-Fans seine Express-Qualitäten ausspielen.

Nordtunnel als Alternative zum 2. Stammstreckentunnel ?

Darüberhinaus – und das wird Ude wohl nie begreifen wollen – kann der Nordtunnel sehr wohl auch
eine Alternative zur 2. S-Bahnstammstrecke sein. Zugegeben, das klingt auf den ersten Blick nicht
sehr überzeugend: die 2. Stammstrecke geht von Ost nach West, der Nordtunnel vom Hauptbahnhof nach
Norden. Aber ein zweiter Blick lohnt sich:

Denn der Nordtunnel bietet neue Verkehrsinfrastruktur genau dort an, wo traditionell in München
die Verkehrsnachfrage hoch ist – nämlich im Westen.

Pikanterweise liefert das Südring-Gutachten vom 16.11. hier die entscheidenden Erklärungsmuster,
wie Markus Blume, MdL aus dem Münchner Osten, eindrucksvoll herausgearbeitet hat. Das als einziges
als zuschussfähig herausgearbeitete Betriebskonzept „6T“ sieht nämlich für den Münchner Osten
gerade mal 23 S-Bahnen pro Stunde und Richtung vor. Diese Anzahl kann die alte Stammstrecke, die
heute 30 Züge aufnimmt, locker bewältigen. Fazit „Rechts der Isar“ braucht es den 2. Tunnel
definitiv nicht.

„Links der Isar“ – im Münchner Westen – sehen die Tunnelplaner 33 Züge vor. Der Nordtunnel würde
aber die S7 als „die“ klassische Süd-Nord-S-Bahn aufnehmen und somit die alte Stammstrecke um drei
Züge pro Stunde entlasten. Damit müsste sie aus dem Westen nur mehr 30 Züge aufnehmen – soviel wie
sie heute auch packt! Der zweite Tunnel wäre somit ohne Verkehr!

Interessante Ergebnisse von Markus Blume – die leider nie von der Nomenklatura erörtert wurden.

Kronawitter hat dafür rein menschlich Verständnis: „Wer entzieht seinem Leib&Magenprojekt
freiwillig die innere Rechtfertigung?“

Aloisus Hingerl und der 10-Minuten-Takt

In einer Wochenend-Glosse hat OB Ude in bemerkenswerter Weise gezeigt, wie wenig Ahnung er von der
aktuellen Verkehrsdiskussion tatsächlich hat. Er beschwört dort den umfassenden 10-Minuten-Takt
auf der S-Bahn herauf. Dieser war tatsächlich bis 2004 Geschäftsgrundlage einer 2. Stammstrecke.
Aber genau diese Geschäftsgrundlage haben Ude und die Tunnelfreunde bedenkenlos zugunsten eines
unattraktiven 15-Minuten-Taktes aufgegeben, weil sich der Bau des 2.Tunnels extrem verteuert hat.

Aufgepasst Herr Ude: der Nordtunnel wäre auch in der Lage, einen 10-Minutentakt auf der S-Bahn
wieder zur Geschäftsgrundlage zu machen, wobei er für eine flankierende Unterstützung seitens der
Stadt durch die Vollendung der U-Bahn nach Pasing ausgesprochen dankbar wäre.

Das sollte Ude und der SPD nicht schwer fallen, spart der Nordtunnel ja auch die geplante U9 ein,
für die die Stadt massiv in die leere Kasse greifen müsste. Damit entlastet der Nordtunnel auch
die U3/U6-Linien in ihrem am stärksten belastete Abschnitten nördlich des Marienplatzes.

Kronawitter: „Do schaung’s, Herr Ude, wie uns der Aloisisus Hingerl beflügelt hat. Ihnen steht das
noch bevor. Hoffentlich“

Der Autor, Dr.-Ing. Georg Kronawitter, ist – Vors. CSU Kreisverband 9 München-Ost –
– Stadtrat der Landeshauptstadt München – Mitglied im BA 15 Trudering-Riem –

Ein Kommentar

  1. Wenn man sich all die Fakten durchliest, so fragt man sich schon, wie Zeil und Ude nebst Mitstreitern immer noch am 2.Stammstreckentunnel festhalten können. Die Südring + Nordtunnel-Variante ist schlicht die bessere Lösung und kommt in der Andabrechnung auch noch billiger. Hoffentlich kommen die Entscheider noch zur Besinnung!

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