Minister Ramsauer größere Enttäuschung als die Verkehrsminister von der SPD?

Inn-sider.de: Als Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer aus Traunstein sein Amt im Jahr 2009 in Berlin antrat, jubelte niemand geringeres als der Passauer Politikwissenschaftler Heinrich Oberreuter, über die großen Möglichkeiten des Amtes, die sich hier bieten würden.

Doch Oberreuter hatte damals die Rechnung ohne den Wirt gemacht. Viel zu viele Schienen- Projekte wünschten sich Ramsauers – Kollegen seit Jahren in ganz Bayern, richtig voran ging es aber in keinem Eck des bayerischen Flächenstaates.

Alleine um München legte die Staatsregierung Pläne im Gesamtwert von über 6,2 Milliarden Euro auf. In den Gutachten zur Anbindung des Flughafens wurde eine rosige Zukunft gezeichnet: Aus allen Himmelsrichtungen um München sollte die Menschen in teilweise 60 Minuten zum Flughafen gelangen.

Doch die Realität sieht anders aus.

Zuerst wurden Ramsauer die Mittel für den Ausbau der Schiene gekürzt: Von über zwei Milliarden, die sein Vorgänger Wolfgang Tiefensee von der SPD noch pro Jahr zur Verfügung hatte, kürzte schwarz- gelb den Schienen- Etat auf knappe 1,6 Milliarden Euro.

1,6 Milliarden Euro für alle Bahn- Projekte in Deutschland, in allen sechzehn Bundesländern.
Dann die Sache mit der Dividende: Die Bahn, als nicht börsennotierte Aktiengesellschaft, sollte 500 Millionen Euro pro Jahr an ihren Inhaber überweisen: Die Bundesregierung.

Doch die Bahn als solches, macht kaum Gewinn: Der Nahverkehr wird über die Bundesländer subventioniert, Fern- und Güterverkehr werfen kaum Gewinne ab.
Bisher glich die Bahn die negativen Zahlen dieser Sparten mit den Gewinnen aus der Vermietung des Streckennetzes an private Bewerber aus.

Ramsauer und seine Regierungskollegen nehmen der Bahn nun zusätzlich dieses Geld, das eigentlich investiert hätte werden sollen.

Mit den Bauprojekten in Ramsauers Heimat ging es deshalb kaum voran. In München, so musste er eingestehen, wäre der Bau des 2. S- Bahn- Stammtunnels faktisch unmöglich, ohne die Olympiateilnahme der Stadt. Nun versuchen Staatsregierung und Kommunalpolitiker zu retten was zu retten ist und hoffen auf eine finanzielle Gabe der Stadt München, um den Tunnel doch noch bauen zu können.

Beim Ewigkeitsausbau München- Mühldorf- Freilassing glänzte Ramsauer zu Beginn seiner Ministerzeit zwar mit markigen Worten, seine großen Auftritte für Eröffnungsfeiern und Spatenstiche hatte er allerdings seinem Vorgänger und dem Bundeskanzler aus der Millenniumszeit zu verdanken: Wolfgang Tiefensee und Gerhard Schröder. Schröder legte im Jahr 2005 ein 500 Millionen Sofort-Programm auf, damit wurde unter anderem der zweigleisige Ausbauabschnitt Ampfing- Altmühldorf finanziert.

Die Innbrücke bei Mühldorf ist dem Konjunkturpaket aus der Zeit der Bankenkrise zu verdanken, während Ramsauers einzige finanzielle Wohltat in der Heimat der zweigleisige Ausbau zwischen Altmühldorf- Mühldorf und Tüßling sein könnte.

Zu mehr hat es in seiner Amtszeit bisher nicht gereicht. Weder Richtung München, noch zum Flughafen im Erdinger Moos.

Das dritte Gleis zwischen Salzburg und Freilassing, ist von österreichischer Seite her längst im Bau. Nur von der letzten Weiche im Bahnhof Freilassing bis zur Grenze fehlten noch 900 Meter und die Brücke über den Grenzfluss, die Saalach.

Dieser Bauabschnitt soll jetzt angegangen werden, zeitgleich mit dem Ausbau bei Tüßling.

Zwischen Ampfing, Mühldorf und Tüßling wäre die Strecke damit durchgängig zweigleisig befahrbar, auf immerhin elf plus acht Kilometern.
Damit wären ca. 19 Kilometer der ABS 38 München- Mühldorf- Freilassing mit einem zweiten Gleis versehen, von insgesamt 143.

Während Ramsauers Amtszeit wurde zudem der komplett zweigleisige Ausbau München- Mühldorf- Freilassing gestrichen. ,,Optimierter Ausbau“ heißt neuerdings das Zauberwort.

Beinhalten würde diese ,,optimierte“ Ausbauvariante die weiterhin fehlenden 46 Kilometer zweites Gleis zwischen Ampfing und Markt Schwaben, auf der Strecke nach München, sowie einen ca. elf Kilometer langen Abschnitt zwischen Tüßling und Freilassing, im Bereich Kirchweidach- Tittmoning/ Wiesmühl. Zudem die Elektrifizierung der gesamten Strecke.
Doch dafür, so teilte der Bundesverkehrsminister im Januar des Jahres 2011 bereits mit, gibt es keine konkreten Planungen. Der Ausbau befinde sich weiterhin in der Phase irgendwelcher Vorplanungen.

Ramsauer selbst war es dann, der bei der Einweihung der Innbrücke bei Mühldorf, mit einem entscheidenden Satz den wahren Sachstand der Vorplanungsphase bekannt gab: Man müsste hier erst eine Finanzierungsvereinbarung abschließen, meinte er.
Dabei wurden bereits im Jahr 2009 EU- Gelder in Höhe von mehreren Millionen für diese Vorplanungen angekündigt, aber wohl bis heute nicht abgerufen.

Wirklich vorangebracht hat der Bundesminister aus Traunstein die Schienen- Ausbaupläne der Bayerischen Staatsregierung im Großraum München damit nicht.

Dafür öffnete er in Richtung Brenner- Basis- Tunnel über Rosenheim und Kiefersfelden ein neues Fass: Die bereits heute viergleisige Bahnstrecke München- Grafing soll untertunnelt und mit zwei weiteren Gleisen versehen werden. Der weitere Abschnitt zum Brenner soll mit einer neuen Trasse und zwei Gleisen, teilweise durch Naturschutzgebiete, durch das Inntal geführt werden. Geschätzte Kosten, rund 2,6 Milliarden Euro.

Dabei war eigentlich der Ausbau zwischen München, Mühldorf und Freilassing als Entlastungsstrecke zwischen München, Rosenheim und Salzburg für den zusätzlichen Verkehr zum Brennertunnel vorgesehen. In diversen Dokumenten erwähnte das Berliner Verkehrsministerium, dass hier die Vorplanungen weit fortgeschritten seien.
Doch nach Ramsauers neuem Vorschlag, entkoppelte die Bahn den Ausbau der beiden Strecken voneinander.

In Berlin, so scheint es, war man sich inzwischen klar, dass die Mühldorfer Bahnlinie nicht bis zur Fertigstellung des Brenner- Basis- Tunnels ausgebaut sein wird. Nicht einmal im „optimierten“ Zustand.

Für Ramsauer und seine Partei war das Amt des Traunsteiners als Bundesverkehrsminister bisher kein Segen. Im Inntal regt sich Widerstand gegen seine Pläne, in München musste er seine leeren Taschen preisgeben und im Chemiedreieck um Mühldorf und Burghausen herrscht große Enttäuschung, dass noch weniger voranging, als unter Schröder, Tiefensee und den ungeliebten Genossen von der SPD.