Lesermeinung: Die SOB ist eines der erfolgreichsten Bahnunternehmen in Deutschland

Südostbayernbahn MühldorfNachdem ich diese Homepage und die zugehörigen Diskussionen in Facebook nun seit Jahren verfolge und ich selbst seit etwa 4 Jahren regelmäßig auf den Strecken Simbach-Mühldorf-München und Pfarrkirchen-Mühldorf-München unterwegs bin, komme ich nicht umhin, mich hier mal gegen ein paar Äußerungen verschiedener Betroffener zur SOB zu stellen. Ich bin weder betrieblich oder auch arbeitstechnisch als auch privat mit der SOB in irgendeiner Weise verknüpft und genauso ein ganz normaler Fahrgast, wie
viele andere hier auch. Meine Meinung rührt von meinen ganz persönlichen Erfahrungen mit dem Schienenverkehr und eigenen Recherchen her, sowie Wissen, das ich aus meinem Studium als Umweltingenieur und Werkstudent in der Verkehrsplanung sammeln durfte..
Versetzen wir uns doch mal in die Lage der SOB. Wir sind ein Unternehmen, das auf eine Infrastruktur angewiesen ist, die uns aber nicht gehört.

Fakt ist nämlich: Die SOB kann die Rahmenbedingungen des Verkehrs tatsächlich nur in sehr begrenztem Maße beeinflussen!

Bahnsysteme sind hochkomplex, mit dem nötigen Kleingeld und modernen technischen Mitteln sicherlich handhabbar, aber mit beidem ist die Infrastruktur der Bahn auf dieser Strecke nur sehr mäßig ausgestattet. Der Zustand der Bahnstrecke Mühldorf-München lässt sich in etwa so beschreiben:
Technischer Stand: Vorkriegsniveau, Auslastung: an der Kapazitätsgrenze, Investitionen in den letzten Jahrzehnten: bis auf die letzten
Gleissanierungen gleich 0. Was sind die Hauptgründe für Verspätungen?
Defekte Dieseltriebwägen (wo kein Betrieb neue kaufen würde, wenn er mit einer Umstellung auf Elektrobetrieb rechnet), Stellwerkausfälle, Weichenstörung, Signalstörung, Gleisbruch, etc. Ich hab die genauen Daten nicht im Kopf, aber ich bin mir sicher, dass ein Großteil der Verspätungen und Ausfälle auf infrastrukturelle Mängel zurückzuführen ist.

Betrachten wir einmal die anderen Netz-Äste der SOB (die in den letzten Jahren weitgehend modernisiert wurden), so ist durchaus eine krasse Verbesserung der Zugverbindungen festzustellen, durch Modernisierungen, Taktverdichtungen, Ticketautomaten in den Schienenbussen, dynamische Informationsanzeiger, Erneuerung der Haltestellen (Vielen Dank an das Konjunkturpaket II!!!), Auflösung von unbeschrankten Bahnübergängen, Erneuerung von Stellwerken und Signaltechnik, usw…

Und was war die Folge? Bahnstrecken, die in der Diskussion um Stilllegungen standen, wurden zu Erfolgsmodellen (siehe Rottalbahn)! Steigerungen im Personenverkehr um 30% innerhalb weniger Jahre! Wenn sowas eine „normale“ Abteilung in einem Unternehmen schafft, dann applaudiert die Welt! Es ist schon bezeichnend, dass die Rottalbahn mit gerade mal einem 1h-Takt einen
technischen Stand hat, den sich die Bahnlinie nach München mit dem vielfachen der Fahrgäste und Züge nur erträumen kann!

Zurück zu meiner anfänglichen Vorstellung in Bezug auf Mühldorf-München: Wir arbeiten also mit einer maroden Infrastruktur die an ihrer Leistungsgrenze entlang schrammt. Selbst haben wir aber weder die Befugnisse noch das Kapital um den Zustand nennenswert zu ändern. Unser Mutterkonzern hat sogar eine Bausperre auf der Strecke verhängt, damit bei einem möglichen zukünftigen Ausbau kein Geld aus dem Fenster geschmissen wird. An sich wirtschaftlich sehr positiv zu bewerten, bei einem Stillstand von 30 Jahren aber notwendig zu überdenken.

Ich will jetzt nicht die SOB als Heiligenbetrieb hinstellen, es gibt sicherlich Dinge, die verbesserungswürdig sind. Aber ich bin der Meinung, dass die Leistung der SOB in den letzten Jahren enorm war und dass sie dort, wo es möglich war, sehr viele Verbesserungen für die Fahrgäste erzielt hat. Es hat sich wirklich etwas getan im Nahverkehr Südostbayerns und das Kernproblem des Bahnbetriebs ist meiner Meinung nach nicht bahninterner, sondern politischer Natur und daran sollten wir arbeiten!

Ein Lokführer der einen Halt verpennt ist zwar ärgerlich und peinlich für die SOB, würde aber auf anderen Linien mit Kopfschütteln und leisem Gelächter abgetan werden. Die SOB hat hier einen wesentlich härteren Stand, weil die Fahrgäste durch die vielen Verspätungen und Ausfälle verständlicherweise total genervt und gestresst sind (siehe „Entschuldigungsaktion“). Dumm nur, dass die SOB-Mitarbeiter an einem Zugausfall selbst aber nicht das geringste ändern können. Ich möchte nicht in deren Haut stecken, wenn es dazu kommt…

Fazit: Die SOB ist für mich eines der erfolgreichsten Bahnunternehmen in Deutschland, die tatsächlich versuchen, den Schienenverkehr modern und attraktiv zu gestalten, trotz der widrigen Umstände durch die politischen Rahmenbedingungen. Sie erhalten meiner Meinung nach die Preise für Kundenorientierung und Freundlichkeit zu Recht. Das Problem des Schienenverkehrs in Deutschland ist eben leider strukturell bedingt und nur zu einem geringen Teil betrieblich.

Der Kern des Problems sitzt in München und Berlin und wir sollten uns endlich mit allen Interessenten, die den Ausbau der Bahn befürworten (und dazu gehört auch die SOB!) zusammentun, um eine politische Handlung zu das, was seit Jahrzehnten passiert: NICHTS!

 

Name und Kontaktdaten des Verfasser sind der Redaktion bekannt.

Weitere Meinungen und Meldungsvorschläge bitte per E-Mail an mitmachen(—at—)zukunft-suedostbayern.info