20 Minuten später in München: Manche gewöhnen sich an solche Verhältnisse

Nachdem es Menschen in diesem Land gibt, die sich wünschen, dass Christoph Kraller und seine Südostbayernbahn so weitermachen sollen, wie bisher, da es kaum Verspätungen gäbe, berichten wir hier in der Online- Welt leider mal wieder vom Gegenteil. Ohne diese deutsche und bayerische Bahn- Welt schön zu reden.

Denn es gibt sie, diese dauernden Verspätungen- ein Beispiel von heute Morgen: 5.44 Uhr. Die letzten Pendler betreten in Mühldorf am Inn am Bahnsteig eins den Zug, der um 5.46 Uhr die Menschen in nur 57 Minuten zum Münchner Ostbahnhof bringen soll. Ein „schneller“ Zug, andere brauchen noch länger für die 80 km.

Zwei Minuten sind es noch bis zur Abfahrt um 5.46 Uhr, alle haben bereits ihre Schlafposition eingenommen, sich mit Jacken bedeckt, um nach München zumindest noch „dösen“ zu können. Aber der Zug fährt nicht ab. Jeder spürt: Es fehlt dieses Gefühl des „Schwebens“ in den komfortablen Doppelstockwägen. Man guckt auf die Uhr am Nebengleis, vor fünf Minuten sollte der Zug bereits abgefahren sein…

Das Verräterische daran ist, je länger es dauert, bis eine Durchsage kommt, desto mehr wächst die Gewissheit: Es gibt mal wieder ein Problem und die Eisenbahner wissen weder wie lange das dauern wird, noch wie lange sich die Abfahrt verzögert. Es könnte schnell behoben sein- oder gar nicht. Wer jahrelang pendelt, kennt das und hofft jeden Morgen darauf, es möge nicht wieder passieren. Nicht heute. Immerhin soll um 5.54 Uhr der nächste Zug nach München fahren, das ist die Gewissheit. Und in Mühldorf kann man davon ausgehen, dass die Bahn einem rechtzeitig mitteilt, welcher Zug als nächstes nach München fahren würde.
Doch dann kam sie doch, diese „Durchsage“ von der verzögerten Abfahrt, aufgrund „technischer Probleme“ und der Bitte um Verständnis und schon einmal im Vorgriff erwähnt „Dank“ für dieses Verständnis. Der Polizist im Sitz neben einem schnauft erstmals laut durch. Hörbar für alle. Ein ungutes Zeichen, wenn selbst solche Leute das Bahn- Chaos langsam nervlich belastet. Es könnte länger dauern, verrät die Zugbegleiterin, in ihrer nächsten Durchsage: „unbestimmte Zeit“. Man schaut wieder auf das Nebengleis.

Blüht erneut eine Fahrt mit dem uralt- Fuhrpark, einem Zug, der überall auf dieser elend langsamen, eingleisigen Strecke hält? Anscheinend ja. „Dieser Zug entfällt heute, aufgrund technischer Probleme, die nächste Fahrtmöglichkeit nach München ist auf Gleis drei“, heißt es. Alle haben es geahnt und jetzt hetzen sie die Treppe runter, durch den Tunnel, die nächste Treppe hinauf, um zumindest mit diesem Zug pünktlich abfahren zu können. Irgendwann und irgendwie wird man mit dieser südostbayerischen Horror- Erlebnis- Touristik doch noch das Ziel, den Arbeitsplatz in München erreichen. Wieder so ein Tag, der einfach schon schlecht beginnt, Dank der Südostbayernbahn. Was ist das nur für ein Bahn- internes Vorzeige- Unternehmen? Eigentlich ein schlechter Witz.

Doch während die Leute zum anderen Zug hetzen und gerade einsteigen wollen, nachdem sie hektisch ihre sieben Sachen im kaputten Zug gepackt haben,kommt oben am Bahnsteig eine neue Durchsage: „Der technische Defekt am Zug von Gleis eins ist behoben, die nächste Reisemöglichkeit nach München ist der Zug- ursprüngliche Abfahrt um 5.46 Uhr“. Da zeigte die Uhr bereits kurz vor 6 Uhr morgens. Immerhin, nach wenigen Minuten ging es endlich los. Aus dem nahen Osten- nach München.

In Erinnerung blieb der Polizist, der raunzte auf der Treppe bei den Durchsagen irgendetwas von „Aprilscherz“. Nein, das ist kein regelmäßig wiederkehrender Aprilscherz, das ist die Bahn in Bayern, die Südostbayernbahn in Mühldorf! Bestellt von der bayerischen Staatsregierung und finanziert von der Bundesrepublik Deutschland. Vom Staat und von denen, die wir als „unsere Volks- Vertreter“ wählen. Manche gewöhnen sich an solche Verhältnisse dermaßen, dass sie sich selbst nicht mehr eingestehen wollen, wie es wirklich ist. Ab und an, alle paar Monate oder sogar mehrmals die Woche, als Pendler der Südostbayernbahn…