Zugegeben, als wir hier im Jahr 2007 zu bloggen begannen, über den Nicht-Ausbau der Bahnstrecke München-Mühldorf-Freilassing, haben viele gelacht. Ausgelacht und verspottet wurde man, von allen Seiten. Der mit seiner Bahn…
Fahrt doch mit dem Auto
Im Internet gab es sogar Kommentare unter Medienberichten,
wer sich die tägliche Fahrt mit dem Auto nach München nicht leisten kann, soll
zufrieden sein, mit dem was die Bahn bietet.
Kein Wunder, dass man sich im Jahr 2019 genüsslich zurücklehnt und dem Treiben
der Menschheit für mehr Klimaschutz und Verkehrswenden oder Mobilitätskonzepten
einfach zusieht.
Nur wenn einer ganz gescheit redet, dann kommen die alten
Hämmer als Totschlag-Argument: Dass eben gar nichts kommt, bzw. alles viel zu spät
und Deutschland die fehlenden Investitionen bei der Bahn nie mehr aufholen
wird. Bei den Stellwerken aus der Kaiserzeit, die ja alle bald digitalisiert
werden sollen…
Hofreiter – Bahn hält kaum eine EU-Vereinbarung ein
Dazu gehört auch, dass ein Anton Hofreiter, Bundestagmitglied der Grünen, schon vor Jahren einmal zum Besten gab, dass die Bundesrepublik keine einzige internationale Vereinbarung auf EU-Ebene bezüglich von Bahn-Ausbauten einhält. Die tollen Deutschen, die Vorzeige-Europäer, schaffen die Verkehrswende fürs Klima ohne die Bahn. Elektrifizierte Schnellstrecken enden an der deutschen Außengrenze. Da hat Hofreiter noch immer Recht.
Andererseits hat man -oft leider persönlich- viele Menschen
an entscheidenden Positionen selber kennengelernt. Konzernbevollmächtigte von
der Bahn, zum Beispiel, oder Chefs von der DB Netz, die für die Infrastruktur
verantwortlich sind. Zudem Politiker, die dann in München oder sogar Berlin
Karriere gemacht haben oder immer noch fleißig am Werk sind.
Es war eine spannende Zeit, gerade mit den vielen
Diskussionen und Beschlüssen im und zum Großraum München. Was die Politik nicht
alles anpacken wollte, was nun vielleicht in zehn Jahren kommt (damals quasi in
20 Jahren) oder noch länger auf sich warten lässt…
Über 6 Milliarden Euro für den Knotenpunkt München
Einer sollte dabei im Übrigen wirklich Recht behalten: Als die
Bayerische Regierung, die bekanntlich immer noch auf die göttlichen Eingebungen
wartet, ein Konzept zum Bahnknoten München verabschiedete, sprach ein
Abgeordneter aus Niederbayern, Erwin Huber, von einem Jahrhundert Plan, oder so
ähnlich.
Kritiker behaupteten schon damals, das wäre gar kein
Konzept, sondern einfach nur alle Ideen in einem „Konzept‘
zusammengestopft. Die Kosten wurden damals auf über 6 Milliarden Euro
beziffert, von Huber. Wörtlich im Bayerischen Landtag.
Wer damals wusste, wieviel Geld -bzw. wenig im europäischen
Vergleich- Deutschland jährlich in die Schiene investiert, der wusste: Es würde
wahrlich 100 Jahre dauern. Ein Jahrhundert Werk eben.
Früher verspottet – heute lacht kaum einer mehr
Kurze Zeit darauf war man persönlich in Berlin, im
Bundesverkehrsministerium und die warfen damals das „Konzept Bahnknoten
München“ an die Wand.
Auf die Frage, wieviel das insgesamt Kosten würde, hatten
die Bediensteten zu Zeiten Peter Ramsauers keine Antwort. Die wussten
schlichtweg nichts, von den 6,2 Milliarden Euro, warfen aber für die dummen
Bürger einfach das Bild an die Wand.
Heute lachen übrigens kaum mehr Menschen, wenn es um die
Bahn geht.
„Du hattest wirklich Recht“ hört man da oder „wir wollten Dich nie verstehen
aber es kam tatsächlich so“.
Mainstream-Medien halten der Bahn die Stange
Nur die großen Medien, wie die Süddeutsche Zeitung, die sind
ihrer Berichterstattung treu geblieben und verkaufen jeden politischen Ansatz,
jeden Filzstiftstrich auf einer analogen Landkarte immer noch als Weitwurf,
Meilenstein oder neuerdings als „letzte Endrunde“.
Vielleicht auch, weil nach einer Führung durch das
S-Bahn-Werk Steinhausen sozusagen von oben herab beschlossen wurde, den Ruf der
S-Bahn samt Bahn, nicht noch schlechter zu machen, als er sei. Sagte vor Jahren
einer, der damals in Steinhausen Führungen machte.
Gut, dass darüber nie wer wirklich berichtete. Man könnte ja
meinen, solche Medien wie die Süddeutsche wären tatsächlich frei in ihrer
Berichterstattung.
Was würden die Menschen nur denken oder wählen, wenn sie
wirklich feststellen würden: Erstens kommt nichts, wenn dann doch viel zu spät,
bei der Umsetzung wird gespart wo es nur geht (was privat niemand beim
Eigenheim machen würde) und am Ende zahlen die Fahrgäste oder der Steuerzahler
sowieso drauf.
Medienwirksame und teure Spatenstiche
Nach dem Berliner Hauptbahnhof, Stuttgart 21, der
ICE-Strecke München-Nürnberg (das blöde Karstgestein, wie einmal ein Journalist
lächelnd die Mehrkosten rechtfertigte) ist zumindest die Zeit der Spatenstiche
mit Blaskapellen, Sonderzügen, EU-Beamten, Weißwürsten und kurzfristig
errichteten Bahnsteigen derzeit scheinbar vorbei.
Das hat die Bevölkerung wahrgenommen, dass hinterher noch
viel Gras an mancher Bautafel wächst, bevor tatsächlich mit Baumaßnahmen
begonnen wird und manche Erstarbeiten schon wieder sanierungsbedürftig sind,
bis der Bauabschnitt tatsächlich eröffnet wird.
Wenn der denn dann wirklich soweit reicht, wie es die
Bautafel eigentlich verkündet, wer sich an München-Mühldorf-Freilassing
erinnert, dem fällt ein, dass zu Beginn der Bauarbeiten groß „Ampfing-Mühldorf“
propagiert wurde, während das zweite Gleis dann tatsächlich noch vor Mühldorf
auf einem Gleise endete… Das war aber noch vor Klimakrisen, beschlossen unter
rot-grün in Berlin mit diesem Schröder und vor langer Zeit im Jahr 2005. Fast
ein Jahrhundert her.
Verkehrswende im Klimawandel mit dieser Bahn-Politik?
Am Ende stellt sich nur die Frage, wie die Bundesrepublik
Deutschland mit dieser Bahn und vor allem dieser Bahn-Infrastruktur eine
Verkehrswende schaffen will, um die Klimakatastrophe einzudämmen bzw. den
Klimawandel nicht noch zu beschleunigen?
Gut, dass diese Themen noch nie jemand öffentlich aufgeworfen
hat. Man würde feststellen, es ist längst zu spät und viel zu teurer, dagegen
waren die für den Großraum München damals veranschlagten 6,2 Milliarden Euro
Peanuts…
Gesellschaftlich mag man sich gar nicht ausmalen, wieviel
weniger Verkehr es gäbe, wenn nur jeder, bei dem es möglich wäre, einmal pro
Woche Home-Office machen könnte. Doch dagegen sperren sich nicht nur Chefs,
auch Medien berichten immer wieder von Nachteilen.
Wo kämen wir auch hin, wenn im MVG-Streikfall alle
Home-Office machen würden und keine Urlaubstage verbrannt werden müssen. Oder
wenn die am Land im grünen (Stein-) Garten mit Laptop sitzen, während die in
der Stadt nicht einmal einen Balkon oder eine Terrasse zur Verfügung haben?
Dann kommt es wohl doch eher nach Gerhard Polt, der schon
vor zig Jahren feststellte: In München müssens für die ganze Stadt ein 3.
Stockwerk bauen.
EU-Fördermittel für die Bahn nicht abgerufen
Zuletzt noch ein persönlicher Gruß an all die Politiker und
Journalisten aus der Schröder Zeit.
Eine schöne Überschrift war damals ein Leserbrief mit Grüßen an die heimischen
SPD-Größen samt Bundesverkehrsminister von der SPD:
„Knoblauch, Steindl, Tiefensee, wo geht unser EU-Geld
hie?“
Die Frage war damals: Warum wurden bei der EU keine Gelder
für Planungen abgerufen?
Heute wissen wir die Antwort: Berlin rief keine Gelder ab,
weil man den Ausbau der Bahn nicht für nötig ansah. Warum planen, wenn man den
Ausbau nicht will?
Aber genau mit diesem Haufen, schaffen wir jetzt die
Klimawende.
Da hilft nur zurücklehnen und zuschauen. Von M. Wengler
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