Kommentar: Mehr Steuern für mehr Wachstum und Größenwahn?

2009-04112008125Inn-sider.de:

Die SPD fordert also, die Steuern zu erhöhen. Ob es bei den fünf Prozent für Einkommen ab 7000 Euro bleibt, ist abzuwarten.

Wieder einmal noch mehr.

Darunter unterscheidet sich die von Spöttern als All- Parteien- Koalition aus CDU-CSU-SPD-FDP-Grünen usw. bezeichnete Politiker- Garde in Berlin gegenseitig kaum mehr.

Breitere Flüsse, schnellere Straßen, schnelle ICE- Bahnlinien, größere Flughäfen. Immer mehr. Noch mehr. Immer weiter. Wenn das Geld dafür nicht reicht: Noch mehr Steuern.

Dabei laufen gerade diese Art von „noch-mehr Projekten“, die Großprojekte, seit Jahren völlig aus dem Ruder:
Beste Beispiele: Stuttgart 21 und der Berliner Flughafen BER.

Überhaupt- die Projekte in Berlin: Die Hauptstadt wird seit Jahren „vergoldet“, zuerst Milliarden für den neuen Hauptbahnhof, die Kanzler- U- Bahn, jetzt das Stadtschloss, die Stadtautobahn A100 und so weiter.

Bei der Bahn explodierten die Kosten für die Neubaustrecken seit geraumer Zeit: München- Ingolstadt- Nürnberg, Frankfurt- Köln, jetzt Nürnberg- Erfurt (- Berlin).

Immer höher, immer weiter, immer schneller, immer teurer.

Die Rechnung bezahlt der Steuerzahler.

Reichen dessen Mittel nicht aus, dürfen Private vorstrecken. Das nennt sich ÖPP für öffentlich- private- Partnerschaft oder PPP, public privat partnership.

Dazu treffen die Worte des österreichischen Verkehrsprofessors Knoflacher zum Bau des Brennerbasis Tunnels (BBT) wie die Faust aufs Auge:

„Analysieren wir kurz die wichtigsten Akteure, die bei Großvorhaben dieser Dimension eine Rolle spielen. Das sind sicherlich die Politiker als Entscheidungsträger. Beim Tunnelbau haben wir stets einen massiven Druck von Interessengruppen und Lobbys. Dazu zählen die Banken und die Bauwirtschaft. Die große Bauindustrie ist ja meistens im Besitz der Banken, und zusammen haben sie natürlich größtes Interesse, jemanden zu finden, der ihnen Geld für große Bauvorhaben zur Verfügung stellt um dann Jahrzehnte lang an den Zinsen gut zu verdienen. Der gute Mensch ist meistens jemand, der über Steuergelder verfügen kann.
Die Politik hat die Kategorien Macht und Ohnmacht, entweder man hat die Macht, oder man ist ohnmächtig. Die Banken und Baufirmen kennen die Kategorien Gewinn oder Insolvenz.
Dann gibt es die Wissenschaft, und natürlich die Bürger, logischerweise: Einer muss das ja zahlen.“

Knoflachers Aussagen sind Jahre alt, ausgesprochen noch vor der großen Bankenkrise und dergleichen, für die im Endeffekt wieder der Steuerzahler zur Kasse gebeten wurde.

Selbst verursachte Krisen auf Kosten der Allgemeinheit, weltweit. Vor allem bei uns in Europa und in anderen reichen Industrienationen.

Im Falle von ÖPP und PPP bürgen die Bürger mit ihren Steuern oder den staatlichen Einnahmen aus der Lkw- Maut für die Kredite der privaten Geldgeber, die damit zusätzlich Geld verdienen. Der Bundesrechnungshof mahnte diese Praxis schon an.

In Deutschland werden seit langem Großprojekte kleinen Investitionen vorgezogen. Zu Ungunsten der Bevölkerung, zu Gunsten der reichen Geldgeber.

Der Ausbau der Bahn nach Mühldorf ist dafür ein gutes Beispiel: Die Politiker warten lieber noch 20 oder 30 Jahre auf den ICE- Ausbau für die große Europa- Magistrale, anstatt endlich in zwei 10 Kilometer lange zweigleisige Abschnitte zu investieren. Bei Dorfen und Hörlkofen.

Diese zweigleisigen Abschnitte, ursprünglich bis zum Jahr 1998 fertig geplant, würde die Fahrzeit der Regionalzüge spürbar verringern, die langen Standzeiten an den Bahnhöfen wären Vergangenheit.
Die unterschiedlichen Reisezeiten zwischen 60 und 80 Minuten für ein und dieselbe Strecke könnten verringert werden.

Doch der Staatsapparat untereinander ist sich nicht grün: Die bayerischen Beamten fordern die ICE- Ausbau, den müsste Berlin zahlen. Berlin sagt: Das wäre Sache des Nahverkehrs, GVFG- Gelder, die Bayern lieber in das Milliardenprojekt 2. S- Bahn- Stammstrecke in München investieren will.
Wieder in ein Großprojekt, ein Prestigeprojekt, der tiefste Tunnel der Welt.

Mit kleinen Investitionen vor Ort, lässt sich im weltweiten Wachstumswahn nicht punkten. Es gilt weiterhin auf noch mehr zu setzen. Dann eben auf noch mehr Steuern für die Bevölkerung, die von all den großen Bauwerken in einigen wenigen Winkeln des Landes im Alltag meist eines hat: Nichts!