Leserbrief: Der heimische Bundesverkehrsminister als Abstellgleisminister?

veröffentlicht im Alt- Neuöttinger Anzeiger vom 25. Juli 2012:

Der Schwarzen Madonna in der Altöttinger Gnadenkapelle muss es beinahe die Schamesröte ins Gesicht getrieben haben. Da kommt der Bundesankündigungsminister, pardon, Bundesverkehrsminister aus Traunstein angereist, um göttlichen Beistand zu erbitten und was verkündet er? Nicht wirklich was Neues.

Kein Wort zu den Problemen beim Planfeststellungsverfahren zum zweigleisigen Bahnausbau Mühldorf-Tüßling, kein Wort darüber, wann er denn nun endlich die Vorplanungen zur Elektrifizierung der Bahnlinie zwischen Mühldorf und München in trockene Tücher bringen will. Die Bevölkerung hat sich daran gewöhnt, dass das Show-Geschäft ‚Politik‘ alle paar Wochen wie in einer Fernseh- Casting-Show zeigen will: Wir sind auch noch da und wollen bald wieder gewählt werden!

Zur Erinnerung, Herr Ramsauer: Sie haben das Ergebnis eines Gutachtens zum Bahnknoten München eins zu eins übernommen, das Ihr Vorgänger, Bundesverkehrsminister Tiefensee aus Leipzig, in Auftrag gegeben hat. Als Leipziger Auftraggeber für Gutachten hatte dieser wiederum sehr viel übrig (Ironie!) für die Bayern und den Ballungsraum München. Sie haben die Sparmaßnahmen, wie die Streichung des viergleisigen Ausbaues im Münchner S-Bahn-Bereich zwischen München Ost und Markt Schwaben, bedenkenlos übernommen. Wohl wissend:

Die Bahngleise in Ihren Wahlkreis haben vier Gleise: Zwei für die S-Bahn-München, zwei für den Rest-Verkehr. Dort wollen Sie nun für den Brenner-Tunnel sogar auf sechs Gleise erweitern, während in unserer Region weiterhin Stillstand herrscht. Stillstand seit dem Jahr 1985.

Wir haben uns im Raum Altötting und Mühldorf daran gewöhnt, als Pendler 2. Klasse betrachtet zu werden und karge Unterstützung aus der heimischen Politik zu erhalten.

Seit September 2009 liegen so von der EU acht Millionen Euro bereit, zum Abruf für die Vorplanung der Elektrifizierung. Der Minister müsste allerdings zusätzlich weitere acht Millionen Euro aus seinem Haus zur Verfügung stellen, um mit den Vorplanungen endlich beginnen zu können. Die EU erwartet das Ergebnis der Vorplanungen für September 2012 und verkündete via Fernsehen Anfang des Jahres: Wird sind darüber enttäuscht, denn das wird nichts mehr.

Doch Halt! Dem Minister in Berlin fehlt eigentlich nur das Geld für die darauf folgenden Schritte. Deshalb lässt er diese Vorplanungen krepieren, setzt dafür auf Stuttgart 21 und die Untertunnelung ‚seiner‘ Bahnstrecke zum Brenner oder den 2. Tunnel für die Münchner S-Bahn anstatt in Mühldorf oder im Chemiedreieck etwas zu tun.

Alles was der Bundesverkehrsminister in seiner Amtszeit bis Herbst 2013 nicht in die Wege leitet und unterschreibt, wird nicht mehr kommen. Getreu dem Motto: Wenn nicht unter Ramsauer, wann dann? Keine Elektrifizierung, kein weiterer Ausbau nach München − wird so der heimische  Bundesverkehrsminister zum Abstellgleisminister?

Diese Fakten werden gekonnt verschwiegen. In der Zeitung steht dazu: ‚Große Neuigkeiten hatte er dabei zwar nicht im Gepäck, immerhin bekräftigte er aber die gesteckten Ziele‘. Wohl wissend, dass in diesem Jahrzehnt nichts mehr passiert.“