ein Kommentar von M. Wengler
Der Großraum München wird also noch lange Jahre darauf warten, vom Jahr 2050 ist die Rede, bis die Bahnvorhaben abgeschlossen sind. Es scheitert, so heißt es, an fertigen Bauplänen. Dabei wird über viele Projekte schon lange gesprochen und geredet, nur passiert ist nichts. Geplant wurde nichts, alles nur Skizzen auf Landkarten. Mit schönen, knalligen Stift-Farben.
Eines wird dabei deutlich: Vor allem die Bahn selbst hat anscheinend keinerlei Interesse daran, am gegenwertigen Status Quo etwas zu ändern. Die Bahn, der Staatskonzern aus Berlin, hat München investitionstechnisch vergessen. Das mag an der heimischen Bahn-Obrigkeit liegen, die in Berlin kein Gehör findet und dort nicht anerkannt ist. Druck müsste aufgebaut werden, gen Berlin, doch das lassen Bahn und Politik vermissen.
Bundespolitiker leben in Berlin ohnehin in ihrer eigenen Welt. Fährt mal ein verantwortlicher Bundesminister oder die Kanzlerin zu Werbezwecken mit dem ICE, ist dieser garantiert pünktlich. Doch selbst in Berlin wurde die S-Bahn kaputt gespart und es ist wie überall im Lande: Die Menschen gewöhnen sich an die Missstände, die nicht erbrachte Leistung und finden das irgendwann „normal“. Und mal Hand aufs Herz: Wer nutzt denn schon die Bahn, wenn er mal wirklich pünktlich an Ort und Stelle ankommen will, weil muss? Niemand mehr. Bayern ist ein Auto-Land und die Bahn macht alles in ihrer Macht stehende, dass sie wirklich keine Alternative ist, für all jene, die sich immer wieder neue Autos und die Benzinkosten leisten können.
Wer will schon in Großraum-Abteilen, in manchen Zügen im Regionalverkehr ohne Klimaanlage, allem möglichen ausgesetzt sein, wenn es im modernen, zeitgemäßen Auto ganz anders ist. Türe zu und Ruhe. Der ÖPNV ist etwas für Leute, die nicht viel erwarten, für ihr Geld, keinen Luxus, keinen Komfort, keine Ruhe, keine Trennung zwischen Stammpendlern, die morgens und abends sich nach Ruhe sehnen und jenen, die einmal die Woche die Fahrt mit der Bahn genießen. Die Bahn der Neuzeit mit den Großraum-Wägen ist eine Angleichung aller möglichen Reisewünsche, wer Ruhe will, hat Pech und wer laut ist, dem gebührt die Bühne.
Im sogenannten Schienen-Netz, auf den Strecken, sieht es nicht anders aus. Da wurden früher Gleise aus den Betten gerissen, die man heute nötiger denn je brauchen könnte. Da werden Großprojekte gebaut, die scheinbar alle Probleme lösen. Die Probleme im Kleinen aber, die bleiben.
Der Münchner Flughafen ist eines der herausragendsten Beispiele, wie man es nicht machen sollte. Schlecht erreichbar, ob vom Süden, Osten oder Westen. Die Bahn sorgt sogar dafür, dass Reisende nördlich der Donau künftig schneller in Berlin am berühmten BER sind, denn der ist dann doch irgendwann vielleicht früher fertig, als ins Erdinger Moos ICE-Züge fahren werden.
München ist ein gutes Beispiel dafür, warum seit Menschengedenken Hochkulturen und blühende Städte irgendwann an den eigenen Problemen zugrunde gegangen sind. Wer die Hektik der Stadt mitbekommt, wenn die Leute schon durch die Isar zur Arbeit schwimmen, dann haben andere etwas falsch gemacht. Wenn Radfahren zu gefährlich wird, Bus und Tram eine Reisezeit verursachen, die manch anderen weit aufs flache Land ins beschauliche Grüne bringt, dann läuft etwas falsch.
Wenn beinahe wöchentlich Großstörungen bei der S-Bahn auftreten, Zäune für die Stammstrecke erst angedacht werden, da jahreslanges Chaos herrscht, ein S-Bahn-Werk in Steinhausen schon vor Jahren hätte ausgebaut werden können, zeugt das nicht gerade von (bahn-) politischem Weitblick.
Dafür gibt es einen anderen Ausdruck: Kaputt gespart.
Und da fand manch bayerischer Politiker in Berlin vor Jahren deftige Worte gegenüber der Linken, als die Bahnreform anstand: Eine „Schrottbahn“ sei die Reichsbahn der DDR gewesen, sehr teuer in der Übernahme. Kaputt gespart.
In diese „Schrottbahn“ und deren DDR-Gleise wurde investiert und die geplanten Projekte im Westen mussten zurückstecken.
Das wird in der Neuzeit, 20 Jahre später, dem Westen zum Verhängnis. München ist fast schon ein leuchtendes Beispiel, nur sehen will es niemand, es reicht schon, sehenden Auges ins nächste Bahn- oder Stammstrecken-Chaos zu schlittern. Die Menschen sind Gewohnheitstiere und gewöhnen sich schließlich an alles. Gerade bei der Bahn. Ein Chaos folgt dem nächsten, finanziell dafür geradestehen muss die Bahn ohnehin nur Stichprobenartig.
Das wird auch so bleiben, denn immer noch sehen viele im ÖPNV eine Zukunft, der die Menschen aus dem gewohnten Individual-Verkehr beinahe zum Bahn-Chaos quitiert. Nur wer es sich leisten kann, diese „Schrott“-Bahn zu meiden, bleibt vor dem Staatskonzern und dessen alles über sich ergehen lassender Kundschaft und deren „passt schon“ Feeling – verschont.
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